Möglicher Verkauf der OMV ebnet Weg für Fracking in Niederösterreich
In den vergangenen Monaten wurde von der Regierung hinter verschlossenen Türen über eine Aufspaltung der OMV, des größten Unternehmens Österreichs, diskutiert. Ein internationales Konsortium möchte sich nämlich eine Mehrheit am Öl- und Gasgeschäft von Österreichs größten Unternehmen sichern.
Warum soll die OMV verkauft werden?
Im Juli 2022 erhielt Finanzminister Brunner eine Absichtserklärung eines internationalen Konzern-Konsortiums zum teilweisen Verkauf der OMV, genauer 51 Prozent des Öl- und Gasförder-Geschäfts. Im Oktober reisten dann Kanzler Nehammer, Finanzminister Brunner und Umweltministerin Gewessler in Abu Dhabi. Unter anderem soll es dabei um den Deal um die OMV gegangen sein. Die Rechtfertigung hinter den Verkaufsplänen lautet offiziell, dass dadurch die Versorgungssicherheit Österreichs durch neue Gasquellen abseits von Russland ermöglicht werden soll. Dieses Argument wird von Greenpeace jedoch als nicht realistisch eingestuft, da laut Insidern nur eine Lieferzusage für den nächsten Winter im Raum steht. Recherchen des Kuriers zeigen, dass Brunner die Absichtserklärung des Konzern-Konsortiums zur Prüfung an die ÖBAG in Auftrag gegeben hat.
Wer möchte die OMV kaufen?
- Der norwegische Öl-und Gas Manager Sverre Skogen CEO von Mime Petroleum
- Trafigura, einer der weltweit größten Rohstoffhändler
- Bluewater, ein internationaler Private-Equity-Fonds
- Aker ASA, eine Investmentfirma und Aker BP, ein Mineralölunternehmen aus Norwegen (Reuters hat jedoch Ende Oktober berichtet, dass sich Aker ASA aus dem Konsortium zurückgezogen hat)
- DNO, ein Mineralölunternehmen aus Norwegen
- Finanzierungsberater soll die Investmentbank Pareto Securities aus Oslo sein
Trafigura: ein multinationaler Konzern voller Skandale
Trafigura ist einer der größten Rohstoffhändler weltweit. Das Unternehmen ist in Singapur ansässig, in 48 Ländern aktiv und handelt täglich mit 7,3 Millionen Barrel Öl. Trafigura konnte dadurch im ersten Quartal 2022 Gewinne in Höhe von 2,7 Milliarden US-Dollar einfahren. Mit seinen Geschäften verwickelte sich das Unternehmen immer wieder in Skandale, von gefährlicher Umweltverschmutzung, hin zu Geldwäsche und Korruption.
Besonders tragisch war ein Giftmüll-Skandal in Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste). Dabei hat ein Tanklastwagen 540.000 Liter Giftmüll auf Deponien in der Stadt Abidjan abgeladen. Trafigura bestritt, Kenntnisse darüber gehabt zu haben, dass die zur Entsorgung des Abfalls beauftragte Firma nicht in der Lage war, den Müll ordnungsgemäß zu beseitigen. Durch den Vorfall kamen 17 Menschen ums Leben und 150.000 Menschen brauchten nach amtlichen Angaben ärztliche Hilfe. Obwohl Trafigura vor Gericht zur Verantwortung gezogen wurde, wurde keine vollständige Aufklärungsarbeit zum abgeladenen Giftmüll durchgeführt.
Ein weiterer Eklat war ein Korruptionsskandal in Brasilien. Die Organisation Global Witness deckte Verbindungen zwischen Trafigura und dem Brasil-Trade-Mitglied Jorge Luz auf. Luz, der in Brasilien als “Diakon der Bestechungsgelder” bekannt ist, diskutierte mit der staatlichen Ölgesellschaft Petrobas einen “Vorschlag von Trifagura”, wonach Trifagura Petrobas Geld leihen und im Gegenzug verbilligtes Öl erhalten würde. 2017 wurde Jorge Luz zu einer Haftstrafe von 13 Jahren und acht Monaten verurteilt.
Gleichermaßen brisant sind die dubiosen Geschäfte Trafiguras in Angola. Die Financial Times konnte nachweisen, dass Trafigura einem angolanischen General 390 Millionen US-Dollar überwiesen hat. Der General hat dafür Trifagura über ein Jahrzehnt geholfen, ein Quasi-Monopol aufzubauen. Trafigura erhielt angolanisches Rohöl und belieferte das Land im Gegenzug mit den Erdölprodukten für den inländischen Verbrauch. Ein Großteil des erhaltenen Rohöls wurde vom Rohstoffhändler vermutlich an die chinesische Ölgesellschaft Sinopec verkauft.

Was droht bei einem Ausverkauf der OMV?
Die Kontrolle über kritische Infrastruktur in Österreich würde dadurch mitten in einer Energiekrise an internationale Privatkonzerne gehen. Das Konsortium hat zudem vor, langfristig “ausschließlich” in Öl und Gas zu investieren. Außerdem wurde von dem Konsortium Interesse an umweltschädlichem Fracking von Schiefergas im Weinviertel geäußert. Auch die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer, die FPÖ in Niederösterreich und Teile der ÖVP haben sich immer wieder positiv gegenüber Fracking geäußert. Inzwischen hat auch der OMV-Geschäftsführer Alfred Stern Fracking nicht mehr kategorisch abgelehnt.
Geplantes Fracking im Weinviertel
In Österreich wird Schiefergas im Weinviertel in Niederösterreich und am Bodensee in Vorarlberg vermutet. Für das Vorkommen im Weinviertel wird angenommen, dass die Quelle auf einer Fläche von insgesamt 729 Quadratkilometern liegt und eine durchschnittliche Dicke von 525 Metern aufweist. Verteilt ist das Vorkommen auf einer Tiefe zwischen 4000 und 7000 Metern. Fossiles Schiefergas unterscheidet sich von Erdgas durch seine Art der Lagerung unter der Erde. Gewöhnliches Gas befindet sich in großen unterirdischen Hohlräumen, wohingegen Schiefergas in unzähligen kleinen Poren in undurchlässigen Erdschichten gespeichert ist. Deshalb lässt sich Schiefergas nicht durch einfache Bohrungen freisetzen: es muss durch Fracking gewonnen werden. Dabei werden große Mengen an Wasser und chemische Flüssigkeiten unter hohem Druck in den Boden gepresst, um das Gestein zu zerreißen und das Gas aus den Poren zu lösen.
Fracking hat große Probleme und Umweltbelastungen :
- die Fracking-Flüssigkeiten sind oft hochgiftig
- die Gefahr für Erdbeben steigt
- ausgestoßene sehr klimaschädliche Methan-Emissionen sind extrem hoch
- die Erschließung dauert viele Jahre.
Die OMV selbst hat bereits bestätigt, dass im Weinviertel kein Schiefergas vor Ende des Jahrzehnts gefördert werden würde.
Was ist “Bio-Fracking” oder “Green Fracking”?
Häufig wird in der Debatte um Fracking im Weinviertel von “Bio- bzw. Green Fracking” gesprochen. Dabei handelt es sich aber um keine umweltfreundliche Alternative. Lediglich die giftigen Flüssigkeiten würden durch “umweltfreundliche” Stoffe (z.B. Sand, Keramik, Maisstärke) ersetzt. Der Rest des Frackings bleibt gleich gefährlich für Mensch und Umwelt. Die Gefahr durch Erdbeben, Wasserverschmutzung, Flächenversieglung und Wasserverbrauch sind auch in dieser Version des Frackings gegeben. Außerdem ist es bisher noch völlig fraglich, ob diese Methode überhaupt funktioniert. Obwohl “Green Fracking” bereits vor über 10 Jahren entwickelt wurde, sind bisher alle Feldversuche gescheitert. Mit der eingesetzten Flüssigkeit konnte entweder das Gestein nicht aufgebrochen werden oder es trat kein Gas aus, da Bakterien die Öffnungen verschlossen. Im schlimmsten Fall müssten also die umweltschädlichen, chemischen Flüssigkeiten verwendet werden.
Die wichtigsten Informationen kurz und knapp
Eine Aufspaltung der OMV bringt zahlreiche Probleme mit sich. Ein Konsortium verschiedener Firmen, die Umwelt- und Menschenrechte missachten und zentrale Infrastrukturen Österreichs zum Großteil übernehmen würden, dürfen in der Klimakrise und der aktuellen Energiekrise nicht an Einfluss in Österreich gewinnen. Durch den Ausbau von Fracking wäre Niederösterreich und seine Bürger:innen zahlreichen Umweltproblemen ausgesetzt. Greenpeace fordert die Bundesregierung auf, die Transformation der OMV hin zu erneuerbarer Energie zu forcieren und ein Fracking-Verbot gesetzlich zu verankern.
Sie sind auch der Meinung, dass umweltschädliches Fracking keinen Platz in Österreich hat? Bitte unterzeichnen Sie unsere Petition für ein Verbot von Fracking. Vielen Dank!