Artenvielfalt
Wir leben in Zeiten einer Artenkrise. In der Vergangenheit gab es immer wieder Phasen in denen viele Arten ausstarben. Zum ersten Mal haben wir es aber nicht mit einem natürlichen Artensterben zu tun. Tiere und Pflanzen sterben heute aus, weil die menschliche Industrie ihre Lebensräume zerstört und das Klima verändert. Die Artenkrise ist menschengemacht!
Schon kleinere Veränderungen wie das Aussterben einzelner Arten oder eine minimale Erhitzung des Klimas können Ketten von anderen Ereignissen auslösen. Die Ökosysteme unserer Erde bilden ein sensibles Gleichgewicht. Fehlt plötzlich ein Element eines Systems, hat das Auswirkungen auf viele andere Aspekte.
Ein Beispiel aus der Antarktis: An der Unterseite von Eisschollen bilden sich häufig Algen. Diese dienen als Nahrung für Krill, welcher wiederum von Pinguinen gefressen wird. Seit einigen Jahrzehnten schmilzt das Eis in der Antarktis. Ohne Eisschollen gibt es keine Algen. Ohne Algen keinen Krill. Den Pinguinen geht so die Nahrung aus. Ähnliche Beispiele lassen sich auf der ganzen Welt finden.
Doch auch umgekehrt hat die Artenkrise Auswirkungen auf das Klima unserer Erde. Wichtige Ökosysteme, wie die Ozeane und Regenwälder speichern riesige Mengen CO2. Durch die Zerstörung ihrer Artenvielfalt befeuern wir die Klimakrise weiter.
Dazu kommen weitere Auswirkungen, die kaum zu überblicken sind. Unter anderem das erhöhte Risiko für Ausbrüche von Zoonosen. Das sind Krankheitserreger, die von Tieren auf den Menschen überspringen können.
Um das Artensterben zu stoppen, müssen wir Lebensräume unter starken Schutz stellen. Das bedeutet, mindestens 30 Prozent der Wasser- und Landfläche der kommerziellen Nutzung zu entziehen. Weiterhin müssen sie aber indigenen und lokalen Gemeinschaften zur Verfügung stehen. Wichtige Ökosysteme sollen nicht der industriellen Verwertungslogik unterworfen sein. Sie müssen als diverse Lebensräume erhalten bleiben. Zum Wohl der Tiere und unserer Erde.
Das große Artensterben
Eine Million Tier- und Pflanzenarten sind weltweit vom Aussterben bedroht! Tiere wie Elefanten, Tiger oder Eisbären drohen einfach auszusterben.
Zu großen Teilen ist der hohe Flächenverbrauch der Landwirtschaft, besonders der Fleisch- und Milchindustrie, für das Sterben verantwortlich. Aber auch andere Industriezweige, wie die fossile Energie und Fischerei, hängen eng mit der Zerstörung von Lebensräumen zusammen. Landräuber setzen die letzten intakten Regenwälder in Brand, um Platz für den Anbau von Futtermitteln oder Palmöl zu schaffen. Die Ölindustrie möchte in riskante Gebiete wie den Arktischen Ozean vordringen und die industrielle Fischerei fängt auch die letzten Fischbestände leer. 90 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände sind bereits bis an die Grenze befischt oder überfischt.
Dazu kommen Klimakrise und Umweltverschmutzung, die Lebensräume unbewohnbar machen. So sind mit den Wäldern und den Meeren die großen Schatzkammern der Artenvielfalt in Gefahr.
Das Artensterben geht rasant voran. In den vergangenen vier Jahrzehnten hat die Menschheit so die Zahl der Säugetiere, Vögel, Fische und Reptilien um 60 Prozent reduziert.
Wir müssen uns dem entschlossen entgegenstellen, bevor tausende weitere Arten verloren gehen.
Artenkrise in Österreich
Auch in Österreich stehen 33 Prozent der Pflanzen, 27 Prozent der Säugetiere und Vögel und 60 Prozent der Amphibien und Reptilien auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.
Woran liegt das? Bauprojekte versiegeln immer mehr Boden und gefährden so die Biodiversität. Die fortschreitende Industrialisierung der Landwirtschaft gefährdet Vögel und Insekten und die Folgen der Klimakrise sind auch in Österreich bereits spürbar.
Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für progressive Artenschutzziele einzusetzen und mit der Umsetzung im eigenen Land anzufangen.
Vogelsterben
Wer mit aufmerksamen Ohren durch die Welt geht, dem wird aufgefallen sein, dass es ruhig geworden ist. Nicht etwa in der Stadt, aber in der Natur. Wo früher Vögel gezwitschert haben, herrscht jetzt erstaunliche Stille. In Österreich verhungern die Vögel.
Die industrielle Landwirtschaft zerstört blühende Landschaften für eintönige Monokulturen. Die Vögel finden dort keine Nahrung und keine Plätze für die Aufzucht ihrer Küken.
Der intensive Einsatz von giftigen Spritzmitteln tötet die Insekten. Seit 1989 sind mancherorts bereits fast 75 % der Insekten verschwunden.
Mit den Insekten verschwinden die Vögel. Die Zahl der Feldlerchen und Rebhühner hat sich schon mehr als halbiert. Andere Arten, wie etwa die Blauracken, sind bereits verschwunden.
Vögel und Insekten sind wesentlich für unser Ökosystem. Wir fordern eine Landwirtschaft, die Natur, Tier und Mensch in den Mittelpunkt stellt.
Rettet die Bienen
Seit über 20 Jahren sterben massenhaft Bienen und Wildbienen. Sie werden von Pestiziden der Landwirtschaft vergiftet oder finden in ausgeräumten Landschaften keine Nahrung mehr. Viele der verwendeten Spritzmittel schädigen das zentrale Nervensystem der Bienen und können ganze Bienenstöcke töten.
Bienen und Wildbienen spielen eine besonders wichtige Rolle in unseren Ökosystemen. Sie helfen bei der Bestäubung vieler Pflanzen. Ein Drittel unserer Lebensmittel, darunter Äpfel und Erdbeeren, ist von der Bestäubung der Bienen und anderer Insekten abhängig. 4000 Gemüsesorten gibt es in Europa nur aufgrund von Bienen, Wildbienen und anderen Bestäubern. Die kleinen Insekten sind also auch für unser Überleben von Bedeutung.
Wir setzen uns für ein Verbot aller Bienenkiller-Pestizide ein. Die Lebensräume der Bienen sind schon durch Klimakrise und Parasiten bedroht. Es darf nicht sein, dass wir zusätzlich massenhaft Bienen töten. Wer heute schon auf die Bienen achtgeben möchte, kann bevorzugt Produkte aus biologischem Anbau kaufen, der auf chemisch-synthetische Pestizide verzichtet.
Wie können wir die Artenkrise stoppen?
Um das Artensterben zu beenden, müssen wir wichtige Lebensräume schützen. Diese Schutzgebiete müssen Verbotszonen für industrielle Aktivitäten sein. Nur so können sich Tiere und Pflanzenarten wirklich erholen. Greenpeace fordert, dass mindestens 30 Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere unter starken Schutz gestellt werden. Diese Gebiete müssen gut gewählt sein, um gefährdete Arten zu schützen, die den Schutz am dringendsten benötigen. Besonders schützenswert sind zum Beispiel die tropischen Regenwälder. Wichtig ist dabei, dass diese Schutzgebiete weiterhin indigenen und lokalen Gemeinschaften zur Verfügung stehen müssen.
Ein wichtiger Schritt dahin sind unter anderem ein starkes Waldschutzgesetz und ein umfangreiches globales Hochseeschutzabkommen. Greenpeace begleitet diesen Prozess und die Implementierung dieser Abkommen mit verschiedenen Aktionen.
Große Ziele – wenig dahinter?
Es genügt nicht, große Ziele zu vereinbaren. Bei der CBD-Artenschutzkonferenz 2010 einigten sich Regierungen weltweit auf die 10 Aichi-Ziele. Sie sollten das Artensterben bis 2020 beenden. Erreicht wurde kein einziges der Ziele.
2016 verabschiedeten die Vereinten Nationen 17 nachhaltigen Entwicklungsziele. Sie sehen eine fundamentale Abkehr von Naturzerstörung bis 2030 vor. Jetzt gilt es, diese auch umzusetzen. Ziele müssen messbar gemacht werden, verbindlich sein und es muss möglich sein Verfehlungen zu bestrafen. Dazu fordern wir, dass der Strafbestand des „Ökozid”, also die bewusste Zerstörung von Ökosystemen, in das Strafrecht aufgenommen wird.
Das falsche Versprechen des „CO2-Ausgleichs”
Von Seiten der Industrie werden häufig Ausgleichszertifikate als Wiedergutmachung für die eigenen Emissionen vorgeschlagen. Zum Beispiel kann man Bäume pflanzen lassen, um eine Flugreise „auszugleichen”. Diese Mechanismen funktionieren aber nicht. Jedes Ökosystem ist einzigartig. Die Zerstörung einer Küstenregion kann nicht durch Aufforstung einer anderen Region ausgeglichen werden. Oftmals schädigen solche Projekte die Biodiversität sogar, da durch die künstliche Aufforstung Monokulturen entstehen.
Greenpeace setzt sich für echte Lösungen ein und prangert falsche Greenwashing-Versuche an.
Um unsere Artenvielfalt nachhaltig zu schützen, müssen wir industrielle Aktivitäten in vielen Bereichen unterbinden. Dazu müssen wir verändern, was und wie wir produzieren.
Da die Artenkrise eng mit der Klimakrise zusammenhängt, sind auch globale Klimamaßnahmen von großer Bedeutung. Der Kampf gegen die beiden Krisen erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Wir müssen die Art, in der wir wirtschaften, grundlegend umstellen. Diese Veränderungen müssen demokratisch vollzogen werden und auch die Rechte indigener Völker und Kleinbauern beachten. Es ist noch nicht zu spät.
Für den Schutz aller Arten!