Antibiotika: Mythen & Fakten
Die 7 häufigsten Antibiotika-Mythen im Check
1. „Antibiotika-Resistenzen stammen aus der Humanmedizin.“
Ja, Antibiotika-Resistenzen stammen auch aus der Humanmedizin. Aber eben nur zum Teil. Resistenzen entstehen ebenfalls in der Fleischindustrie. Dort können sich Seuchen unter den Tieren aufgrund der schlechten Haltungsbedingungen sehr schnell ausbreiten. Um das zu verhindern, verabreichen Betriebe oftmals ganzen Herden Antibiotika.
Generell liegt es am systemisch falschen und zu hohen Einsatz des Medikaments, dass sich Resistenzen bilden können. Das gilt sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin. Denn wo immer Antibiotika eingesetzt werden, besteht das Risiko, dass sich neue Resistenzen entwickeln. Ziel muss daher sein, nur so viele Antibiotika zu verwenden wie unbedingt notwendig, damit wir die Wirkung dieser wichtigen Medikamente erhalten. Für die Tierhaltung bedeutet das, dass die Haltungsbedingungen so verbessert werden müssen, dass die Tiere nicht ständig krank werden.
2. „Da in der Landwirtschaft andere Antibiotika eingesetzt werden als in der Humanmedizin, betreffen die Resistenzen Menschen nicht.“
Resistenzen richten sich meist gleich gegen eine ganze Antibiotikaklasse. Und in der Veterinärmedizin werden sehr wohl Antibiotika derselben Klasse eingesetzt wie in der Humanmedizin. Das bedeutet: Selbst wenn in der Tierhaltung nicht exakt das gleiche Antibiotikum eingesetzt wird, das auch Menschen verabreicht wird, werden Resistenzen befeuert, die eine ganze Klasse betreffen und somit auch für Menschen gefährlich sind. Sogar Reserveantibiotika wie Makrolide, die eigentlich unser allerletzter Ausweg sind, wenn wirklich gar kein anderes Mittel mehr hilft, werden bereits in der Massentierhaltung eingesetzt; ihr Einsatz steigt in Österreich sogar an. Erste Bakterien haben auch schon Resistenzen gegen Reserveantibiotika gebildet.
3. „Da die Vorschriften in Österreich sehr streng sind, bekommen Schweine nicht viele Antibiotika.“
In der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Österreich werden weiterhin große Mengen an Antibiotika eingesetzt. Im Jahr 2020 waren es rund 44 Tonnen. Davon gehen mit 73,4 Prozent (!) die allermeisten an Schweine. 19,7 Prozent gehen an Rinder und lediglich 6,7 Prozent an Geflügel. Die restlichen 0,2 Prozent gehen an Schafe, Ziegen und andere Tiere.
Besonders besorgniserregend ist dabei, dass der Einsatz sogenannter Reserveantibiotika in der Tierhaltung sogar steigt. Reserveantibiotika sind für uns Menschen besonders wichtig und es wäre daher besonders gefährlich, wenn sich aufgrund des übermäßigen Einsatzes Resistenzen gegen sie entwickeln.
Die Zahlen sprechen also eine klare Sprache: Der Einsatz von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung ist weiterhin sehr hoch. Die mit Abstand größten Mengen landen dabei in der Schweinehaltung. Das liegt vor allem an den schlechten Haltungsbedingungen unter denen die Tiere häufig krank werden – zu wenig Platz, unnatürliche Böden, keine Beschäftigungsmöglichkeiten etc.
4. „Der Antibiotika-Einsatz ist gesunken und daher heutzutage eh gering.“
In Österreich werden jährlich rund 44 Tonnen Antibiotika für die landwirtschaftliche Tierhaltung verwendet, 73,4 Prozent davon gehen in die Schweinehaltung. Es stimmt zwar, dass der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung seit 2011 in Österreich insgesamt leicht gesunken ist, die eingesetzten Mengen sind allerdings noch immer unverhältnismäßig groß, vor allem in der Schweinebranche.
Zwischen 2011 und 2014 konnte der Antibiotika-Einsatz in der Geflügelbranche zwar um 44 Prozent gesenkt werden, in der Schweinebranche – der Branche mit dem überwältigend höchsten Einsatz von Antibiotika – hat es im selben Zeitraum aber keinerlei Verbesserungen gegeben. Die Geflügelbranche konnte den Antibiotikaverbrauch zwischen 2014 und 2018 nochmal um rund 19 Prozent reduzieren, während die Schweinebranche zwischen 2016 und 2020 gerade einmal rund 2,5 Prozent einsparen konnte. Das ist noch immer viel zu wenig, wenn wir die Antibiotika-Flut stoppen und die Wirksamkeit unserer Antibiotika erhalten wollen.
5. „Herdenbehandlungen gibt es nicht, da TierärztInnen Antibiotika nur kranken Tieren verschreiben.“
Eine vorbeugende Behandlung von Tieren mit Antibiotika ist grundsätzlich (außer in wenigen Ausnahmen) nicht erlaubt. Was allerdings auch in der österreichischen Tierhaltung definitiv gemacht wird, ist die sogenannte Herdenbehandlung (Metaphylaxe). Hierbei wird eine gesamte Herde behandelt, auch wenn erst einige wenige Tiere krank sind. Somit erhalten dann auch alle noch gesunden Tiere eine Dosis Antibiotika.
Zu enge Stallungen, unnatürliche Böden oder etwa zu frühes Wegreißen der Jungtiere von der Mutter machen die Tiere sehr anfällig für Krankheiten. Um den Medikamenten-Einsatz zu reduzieren, müssten daher die Haltungsbedingungen besser werden.
6. „Bäuerinnen und Bauern können es sich nicht leisten, alle Tiere zu behandeln, deshalb werden kranke Tiere isoliert und einzeln behandelt.“
Fakt ist, dass auch in Österreich die Herdenbehandlung praktiziert wird. Dabei wird eine gesamte Herde behandelt, selbst wenn nur einige wenige Tiere krank sind. Alleine die räumliche Situation in den Ställen lässt eine Isolierung kranker Tiere auch oft nur schwer zu. Wir brauchen also bessere Haltungsbedingungen, damit die Tiere weniger krank werden und im Krankheitsfall auch leicht isoliert werden können. Und ja, eine Umgestaltung der Ställe kostet natürlich Geld. Hier ist die Politik gefragt, den Bäuerinnen und Bauern tatkräftig unter die Arme zu greifen und eine umweltfreundlichere und tierfreundlichere Landwirtschaft zu fördern.
7. „Greenpeace fordert ein Antibiotika-Verbot.“
Im Gegenteil: Genau weil wir Ihre Wichtigkeit erkennen, setzen wir uns dafür ein, die Wirkung dieser Medikamente zu erhalten. Wir zielen also dezidiert nicht auf ein Verbot von Antibiotika ab. Derzeit steht unsere Gesellschaft vor der Gefahr einer post-antibiotischen Ära. Der überdimensionale und systemisch falsche Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin bedroht unsere Gesundheitsversorgung. Denn je mehr Antibiotika in die Umwelt gelangen, desto schneller entwickeln Bakterien Resistenzen. Das hat zur Folge, dass unsere Antibiotika ihre Wirkung verlieren und harmlose Krankheiten plötzlich wieder tödlich enden können. Daher setzen wir uns mit aller Kraft gegen den systemisch falschen Einsatz ein, damit wir auch in Zukunft noch Antibiotika haben, die wirken!
Jetzt Petition gegen Antibiotika-Wahnsinn unterzeichnen!
Ja, ich will bessere Haltungsbedingungen für die Tiere und ein Ende des Antibiotika-Wahnsinns.
Petition unterzeichnen