Antibiotika-Resistenz
Fragen & Antworten
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Antibiotika sind von Pilzen oder Bakterien produzierte Stoffwechselprodukte oder synthetisch hergestellte Stoffe, die NUR Bakterien abtöten oder hemmen. Sie kommen zur Bekämpfung von Krankheiten, die durch Bakterien verursacht wurden, zum Einsatz. Antibiotika stören den Stoffwechsel oder die Zellteilung der Bakterien. Das hat zur Folge, dass die Bakterien nicht mehr weiterleben oder sich nicht mehr vermehren können. Gegen andere Krankheiten, wie Viren- und Pilz-Infektionen oder Parasitenbefall, sind Antibiotika wirkungslos. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Antibiotika-Gruppen; eine der bekanntesten ist die Penicillin-Gruppe. Antibiotika haben unterschiedliche Therapiewirkungen, manche wirken gegen viele verschiedene Bakterienarten (Breitbandantibiotikum), andere Antibiotika wirken nur gegen spezifische Bakterienarten.
Antibiotika-Resistenzen können von Bakterien ausgebildet werden. Wird eine Bakterien-Infektion mit einer zu geringen Menge an Antibiotika oder mit dem falschen Antibiotikum behandelt, können einige Bakterien überleben, die durch die geringere Konkurrenz einen Fortpflanzungsvorteil haben und sich schnell vermehren. Viele Mikroorganismen besitzen eine kurze Generationszeit – ihre Biomasse kann sich unter günstigen Bedingungen schon innerhalb von 20 bis 30 Minuten verdoppeln. Vorteilhafte Mutationen können sich so relativ schnell ausbreiten. Die Wirksamkeit von Antibiotika-Gruppen hat also ein Ablaufdatum, auch da Bakterien die Resistenzen interspezifisch (zwischen verschiedenen Bakterienarten) weitergeben können. Das bedeutet, dass ein resistentes Bakterium durch DNA-Austausch einem noch nicht resistenten Bakterium einfach und schnell zur Resistenz verhelfen kann.
Ein Mensch an sich kann nicht generell resistent gegen Antibiotika sein. Aber er kann sich resistente Keime einfangen. Wird eine Krankheit von einem Bakterium verursacht, das eine Antibiotika-Resistenz ausgebildet hat, verlieren die üblichen Medikamente ihre Wirkung und die Krankheit ist nur mehr schwer zu behandeln. Das hat zur Folge, dass sogar bislang gut behandelbare Infektionen tödlich enden können.
Fängt sich ein Mensch einen resistenten Keim ein, kann die Krankheit, die das Bakterium verursacht, nicht mehr gut mit Antibiotika behandelt werden. Vor allem für Kleinkinder, Senioren und Menschen mit chronischen Erkrankungen kann das gefährlich werden. Die Infektionen können länger andauern und sind nur mehr schwer behandelbar. Die üblichen Medikamente sind nicht mehr wirksam, was dazu führt, dass auf spezielle Antibiotika zurückgegriffen werden muss, die meist stärkere Nebenwirkungen aufweisen. Häufigere und längere Krankenhausaufenthalte sind die Folge. Selbst Infektionen, die eigentlich bisher gut behandelbar waren, können aufgrund von Antibiotika-Resistenzen der Bakterien lebensbedrohlich für PatientInnen werden.
Multiresistente Keime sind Bakterien, die verschiedene Resistenzgene „gesammelt“ haben, wodurch sie gegen viele verschiedene Antibiotika resistent sind. Manchmal findet man bis zu 16 Antibiotika Resistenzen auf einem DNA-Ring (Plasmid). Bakterien haben ein einziges Chromosom und einige DNA-Fragmente (z.B. Plasmide), welche sich unabhängig vom Chromosom replizieren können. Die Erbinformation auf dem Plasmid ist nicht überlebenswichtig für das Bakterium. Bei dem multiresistenten Keim MRSA liegt die Resistenz auf dem Chromosom, dies bedingt eine langsamere Zellteilung als bei anderen Bakterien, weil sie mehr Erbinformation weitergeben müssen.
Bekannte multiresistente Keime:
MRSA (Methicillin/Oxacillin-resistenter Staphylococcus aureus) verursacht Lungen- und Harnwegsentzündungen sowie Blutvergiftungen. Es gibt drei verschiedene Stämme von MRSA-Keimen: (1) ha-MRSA („healthcare-associated MRSA; “Krankenhaus-MRSA”), (2) ca-MRSA („community-associated MRSA“) und (3) la-MRSA („livestock-associated MRSA”;“Tier-MRSA”). Die drei Stämme unterscheiden sich in Bezug auf die Antibiotika, gegen die sie resistent sind und die Virulenz. Die la-MRSA-Keime haben beste Voraussetzungen, zukünftig auch den Menschen als Wirt anzunehmen.
ESBL (Extended Spectrum Beta-Laktamasen): Im Unterschied zu MRSA handelt es sich bei ESBL nicht um einen bestimmten resistenten Bakterientyp, sondern um die Fähigkeit von Bakterien, Enzyme zu produzieren, die bestimmte Antibiotika unwirksam machen. Standard-Therapien greifen hier nicht mehr. ESBL-produzierende Darmkeime, z.B. E. coli, können Wund- und Harnwegsinfektionen, Blutvergiftung, Entzündungen im Bauchraum und Lungenentzündungen auslösen. Die Fähigkeit, ESBL zu produzieren, kann von Bakterien auch artübergreifend übertragen werden, z.B. von E. coli auf Salmonellen oder Klebsiellen. Der Austausch geschieht über Plasmide, mobile DNA-Ringe, die leicht an andere Keime weitergegeben werden können. Produziert ein Keim ESBL, so ist das Risiko deutlich höher, dass ein/e PatientIn an einer Blutvergiftung stirbt.
Multiresistente Keime sind wie alle Bakterien über direkten Kontakt übertragbar, sie befinden sich überall in unserer Umgebung und wir tragen auch ständig potentiell gefährliche Bakterien auf unserer Haut. Doch unsere Haut hindert die Bakterien durch ihre antibakterielle Abwehrwirkung (chemische und physische Barriere) im Regelfall daran, in unseren Körper einzudringen. Bei kleinen Verletzungen, z.B. in der Schleimhaut im Mund, können sich Bakterien besser ansiedeln und lösen Infektionen aus.
Die Übertragung multiresistenter Bakterien findet unter anderem durch den Kontakt mit infizierten Tieren statt. Der flächendeckende Einsatz von Antibiotika in der konventionellen Fleischindustrie begünstigt die Ausbreitung multiresistenter Keime massiv. In den Ställen besiedeln diese multiresistenten Keime nicht nur die Tiere, sondern auch Menschen, die mit den Tieren in Berührung kommen.
Multiresistente Keime können aber auch übertragen werden durch:
- Nähe zu einem Betrieb mit Intensivtierhaltung: Durch die Ausscheidungen der Tiere gelangen multiresistente Keime auch in das Grundwasser, in Böden und in die Luft. Dies sollten besonders AnrainerInnen von Intensivtierhaltungsanlagen beachten.
- den Kontakt mit kontaminiertem rohen Fleisch: Erst das Erhitzen des Fleisches tötet multiresistente Keime ab.
- den Kontakt mit Gemüse aus konventioneller Landwirtschaft: Wird Gülle von infizierten Tieren zum Düngen der Felder verwendet, können multiresistente Keime auch auf unser Gemüse gelangen.
- Krankenhausaufenthalte: Durch die hohe Konzentration an kranken Menschen und an Antibiotika werden auch in Spitälern besonders oft multiresistente Keime gefunden bzw. übertragen. Personen mit schwachem Immunsystem oder Infektionen sind besonders gefährdet, da ihr Körper mit dem resistenten Keim nicht umgehen kann. Infolge können einfache Krankheiten zu wochenlanger Behandlungsdauer und im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen.
- den Kontakt mit infizierten Personen: Jede/r kann multiresistente Keime in sich tragen und diese an andere Personen weitergeben. Dies führt nicht zwangsläufig zum Ausbruch einer Infektion.
Eine Kontamination ist nicht das Gleiche wie eine Erkrankung. „Infiziert“ bedeutet lediglich, dass ein Mensch den multiresistenten Keim auf sich trägt und diesen potentiell an andere Menschen oder Tiere weitergeben kann. Besonders in Krankenhäusern stellt dies ein Problem dar.
Wenn Bakterien immun gegen viele verschiedenen Antibiotika sind, spricht man von multiresistenten Keimen, kurz MRE. Diese sind zwar für Menschen mit gutem Abwehrsystem meist harmlos, da das Risiko zu erkranken für diese sehr gering ist. Gesunde Menschen können aber unbewusst MRE-Träger sein und die Erreger an Menschen mit einer schwächeren Immunabwehr übertragen. Für diese kann es dann gefährlich werden, denn die Wahrscheinlichkeit, dass eine Krankheit ausbricht, die nur schwer behandelt werden kann, ist deutlich höher. Bislang gut behandelbare Infektionen können durch multiresistente Keime lebensbedrohlich werden. Eine Million Menschen starben weltweit im Jahr 2019 an multiresistenten Keimen.
Wir alle sind von den Gefahren, die von multiresistenten Bakterien ausgehen, betroffen, denn wir alle brauchen wirksame Antibiotika zur Behandlung bakterieller Infektionen. Besonders gefährdete Personengruppen sind jedoch: tierhaltende LandwirtInnen und ihre Angestellten, TierärztInnen, Schlachthauspersonal, AnrainerInnen von Intensivtierhaltungsanlagen, Spitalsangestellte und PatientInnen in Spitälern.
In der Massentierhaltung bekommen die Tiere häufig flächendeckend Antibiotika als vorbeugende Maßnahme wenn nur einige Tiere erkrankt sind. Denn unter den schrecklichen Haltungsbedingungen können sich Seuchen aufgrund von Faktoren wie Platzmangel und schlechten Böden schneller ausbreiten. Anstatt für mehr Tierwohl zu sorgen und die Lebensbedingungen der Tiere zu verbessern, kommen Unmengen an Antibiotika zum Einsatz. Rund 45 Tonnen Antibiotika werden in Österreich jährlich für die landwirtschaftliche Tierhaltung verwendet. Bei den Herdenbehandlungen werden auch gesunden Tieren Medikamente verabreicht. Gefährliche multiresistente Keime gelangen dann über das Fleisch in unsere Supermärkte, Krankenhäuser und Wohnungen. Daher ist es wichtig, auf eine gute Küchenhygiene zu achten und nach Kontakt mit rohem Fleisch Hände und Kochutensilien gründlich zu reinigen.
Nicht nur in der Humanmedizin werden Antibiotika zu oft oder gar falsch verschrieben. Der überdimensionale und systemisch falsche Einsatz von Antibiotika ist auch in der Veterinärmedizin ein großes Problem, das unsere Gesundheitsversorgung gefährdet.
Fleischindustrie
Die Haltungsbedingungen in der konventionellen Landwirtschaft erfordern einen massiven Antibiotika-Einsatz auch für gesunde Tiere, denn es ist kaum möglich, ein einzelnes krankes Tier zu identifizieren. Daher werden dem gesamten Bestand vorsorglich Antibiotika verabreicht (Metaphylaxe). Das wäre allerdings nicht nötig, wenn die Tierhaltung besser wäre. Denn durch den unzureichenden Platz in den Stallungen können sich Infektionen schneller von Tier zu Tier übertragen. Außerdem führt die Enge bei den Tieren zu Stress, der sich unter anderem dadurch äußert, dass sich die Tiere gegenseitig verletzen. Auch unnatürliche Böden wie Spaltenböden führen zu Entzündungen und Verletzungen der Fußgelenke. Zudem ist es sehr schlecht, wenn Jungtiere zu früh von ihrer Mutter getrennt werden, denn oftmals ist ihr Immunsystem noch nicht gut genug entwickelt und die Tiere werden daher häufiger krank.
Unter Metaphylaxe versteht man in der Tiermedizin die Behandlung des gesamten Tierbestands, wenn einzelne Tiere erkrankt sind. Im Zuge der Metaphylaxe werden also auch gesunde Tiere behandelt, um eine Ausbreitung der Infektion zu verhindern.
Es gibt zwei Methoden die es ermöglichen auch in der konventionellen Tierhaltung geringere Mengen an Antibiotika einzusetzen. Entweder man verbessert die Haltungsbedingungen, die Tierzucht und die Ernährung im Sinne des Tierwohls und bekämpft somit die Ursache der hohen Krankheitsanfälligkeit, oder man vermeidet, dass Krankheitserreger in die Ställe gelangen. Bei Letzterem handelt es sich jedoch nur um eine Symptombekämpfung, die nicht zur Verbesserung des Tierwohls beiträgt.
Die Antibiotika-Belastung hängt stark mit den Haltungsbedingungen der Tiere zusammen. In der Massentierhaltung werden oft Herdenbehandlungen mit Antibiotika durchgeführt, sodass die Tiere in ihrer kurzen Lebenszeit häufig mehrere Antibiotika-Kuren durchmachen müssen, auch wenn sie selbst eigentlich gesund wären. Rückstände der Medikamente setzen sich im Gewebe der Tiere ab und landen somit letztendlich im Fleisch auf unseren Tellern. In Deutschland hat Greenpeace erreicht, dass einige Supermarktketten künftig freiwillig die Art der Haltung beim Fleisch kennzeichnen und die schlechtesten Haltungsformen aus dem Sortiment nehmen werden. Da die österreichischen und deutschen Supermärkte stark vernetzt sind, besteht die Chance, dass auch hierzulande ein solches System kommen wird. Derzeit lässt sich beim Einkauf in Österreich aber leider nicht feststellen, ob Fleisch Antibiotika-Rückstände enthält. Es sind jedoch nicht nur die Rückstände des Arzneimittels selbst, sondern vor allem multiresistente Keime, die mit dem Fleisch zu uns nach Hause kommen und zum Problem werden können. Ein Greenpeace-Test zeigt: Jedes dritte Stück Schweinefleisch aus konventionellen Betrieben ist mit antibiotikaresistenten Keimen belastet. Da der Einsatz von Antibiotika in der biologischen Landwirtschaft viel strenger geregelt wird, ist es ratsam zu Bio-Fleisch zu greifen.
Bis zu 90 % der Antibiotika-Wirkstoffe werden von den Tieren direkt ausgeschieden (Schwake-Anduschus, 2012), es ist also möglich, Antibiotika in Gülle und Jauche festzustellen. Die auf Ackerflächen ausgebrachte Gülle hat einen zumindest kurzfristigen Effekt auf die Bakteriengemeinschaften im Boden und fördert Bildung von Antibiotika Resistenzen (Julius Kühn-Institut, 2014). Es können nicht nur im Boden, sondern auch in den Pflanzen, die auf den gedüngten Ackerflächen wachsen, Antibiotika-Rückstände nachgewiesen werden. Selbst im Grundwasser wurden bereits Antibiotika-Rückstände gefunden.
Ja, in Betrieben mit tiergerechter Haltung werden weniger Antibiotika eingesetzt als in konventionellen Betrieben. Einerseits ist es gesetzlich geregelt, dass bei der ökologischen (Bio-) Haltung nur zweimal im Jahr mit Antibiotika behandelt werden darf, und wenn die Tiere nur ein Jahr leben, dann ist auch nur eine Behandlung zulässig. Wenn die Tiere öfter krank werden und mit Antibiotika behandelt werden müssen, dann dürfen die Produkte nicht als Bio-Produkte verkauft werden. Einen anderen Aspekt stellt die tiergerechte Haltung dar: Da die Tiere weniger Stress erleiden, können sie auch ein robusteres Immunsystem ausbilden.
Ziel muss es sein, dass sich die Haltungsbedingungen so verbessern, dass die Tiere nicht mehr systematisch krank werden, dann bräuchte es auch keine Herdenbehandlung mehr. Um die Antibiotikabehandlung zu reduzieren, sind Änderungen der Haltungsbedingungen in Bezug auf Platzangebot, Bestandsdichte, Stallklima und Befriedigung verhaltensbiologischer Bedürfnisse der Tiere notwendig. Die Lösung ist es also, die Haltungsbedingungen der Tiere so zu verbessern, dass in Zukunft eine individuelle Behandlung von landwirtschaftlich genutzten Tieren machbar ist und eine Herdenbehandlung nicht weiter notwendig.
Ein überdimensionaler und systemisch falscher Einsatz von Antibiotika kommt natürlich auch in der Humanmedizin vor. Antibiotika werden einerseits zu oft verschrieben, sogar wenn keine bakterielle Infektion vorliegt (z.B. virale Halsentzündung, Grippe). Andererseits werden Antibiotika auch häufig nicht korrekt eingenommen (die Dosis wird verringert, die Einnahme erfolgt ohne Verschreibung, etc.) Multiresistente Keime stammen also nicht nur aus der Fleischindustrie. Jedoch wäre die Entstehung dieser in der tierhaltenden Landwirtschaft vermeidbar. Denn der Antibiotika-Wahnsinn in der Veterinärmedizin wäre nicht nötig, wenn man die Haltungsbedingungen der Nutztiere verbessern würde. In der Massentierhaltung haben die einzelnen Tiere zu wenig Platz, sodass sich Seuchen schneller ausbreiten können. Die Enge löst bei den Tieren aber auch Stress aus, der dazu führen kann, dass sich die Tiere gegenseitig verletzen. Die vermeintliche Lösung der Problematik in der Intensivtierhaltung sind vorbeugenden Antibiotika-Kuren für die ganze Herde, sobald einige Tiere krank sind. Das bekämpft aber nur die Symptome und packt das Problem nicht an der Wurzel. Der maßlose Gebrauch von Antibiotika in der Fleischindustrie muss ein Ende nehmen. Denn andernfalls steuern wir auf eine post-antibiotische Ära zu. Denn je mehr Antibiotika in die Umwelt gelangen, desto schneller entwickeln Bakterien Resistenzen. Das bedroht unsere Gesundheitsversorgung, denn es führt dazu, dass eigentlich harmlose Krankheiten wieder tödlich enden können.
Die übertriebene Verwendung von Antibiotika wird für uns alle zum Riesenproblem – und wir müssen sie eindämmen, wo wir können. Der beste Weg dazu: Verbesserte Tierhaltung, damit die Ställe gar nicht erst zu Seuchenherden werden können.
Unterschreib jetzt für bessere Tierhaltung und einen Stopp des Antibiotika-Wahnsinns!
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Ja, ich will bessere Haltungsbedingungen für die Tiere und ein Ende des Antibiotika-Wahnsinns.
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