Antibiotika-Einsatz in der Massentierhaltung
Gründe & Gefahren
Antibiotika in der koventionellen Intensivtierhaltung
Ein Großteil der Nutztiere wird an der Grenze ihrer Überlebensfähigkeit mit geringstmöglichem Platzangebot, geringstmöglichem Aufwand (z.B. auf Spaltenböden) und in hoher Besatzdichte (und damit hoher Erregerdichte) gehalten. Das Bild ist bei fast jeder Nutztierart gleich: Durch die immer steigende Produktionsleistung von Milchkühen und Legehennen erkranken diese sehr rasch an Entzündungen ihrer Organe. Jungtiere kommen in der konventionellen Haltung viel zu früh von ihrer Mutter weg, müssen sich schnell auf Festfutter umstellen und sind daher nicht genug vor Infektionen geschützt, da ihre Immunsysteme noch nicht ausreichend entwickelt sind. Die Tiere leiden in ungeeigneten Stallungen (Reizarmut, kaum artgemäße Beschäftigungsmöglichkeiten, Spaltenböden, Klima, Platzmangel) an physischen und psychischen Problemen. Unter konventionellen Haltebedingungen sind Verhaltensstörungen vorprogrammiert, welche die Aggressivität der Tiere steigern, wodurch sich die Tiere gegenseitig verletzen. Dies bietet den Bakterien eine perfekte Grundlage, sich anzusiedeln1. Die Umstände, unter welchen die Tiere gehalten werden, sind also der primäre Grund für die häufige Erkrankung der Tiere und somit auch für den Antibiotika-Einsatz, was die Resistenzbildung von Keimen beschleunigt.
Schweine
Die meisten Schweinebetriebe in Österreich sind relativ klein, jedoch leben in diesen Betrieben geringere Anteile an Tieren. Der Großteil der Schweine wird aber in Betrieben mit 200 – 2.000 und mehr Schweinen gehalten (Global 2000)2. Laut Statistik Austria werden etwa 85% der Schweine in Betrieben mit mehr 50 GVE (entspricht bei Mastschweinen etwa 340 Tieren) gehalten und ca. 60% in Betrieben mit mehr als 100 GVE3. Schweine entwickeln durch die stark mit Ammoniak belastete Stallluft Lungenentzündungen. Auch Klauenentzündungen treten bei Schweinen, die auf Spaltenböden gehalten werden, sehr häufig auf.
Masthühner
Masthühner wurden so hingezüchtet, um so schnell wie möglich zu wachsen. Der raschen Gewichtszunahme halten die Knochen und Gelenke der Masthühner nicht stand, dadurch können sie sich oft kaum mehr bewegen. Der ständige Kontakt mit dem ammoniakgetränkten Boden ruft Verätzungen hervor. Eine Studie4 in Deutschland zeigte, dass 96,4 Prozent der Tiere Antibiotika verabreicht bekamen.
Legehennen
Legehennen werden auf immer höhere Legeleistungen gezüchtet. Als Folge treten Krankheiten wie die Entzündung des Legeapparats auf. Osteoporose ist bei Legehennen auch keine Seltenheit, da die Bildung der Eischale den Knochen sehr viel Kalzium entzieht, wodurch sich die Legehennen wie die Masthühner manchmal kaum mehr bewegen können. Bei der Bodenhaltung leben durchschnittlich etwa 6.000 Hühner in einem Stall5.
Milchkühe
In den 50er Jahren gab eine Kuh durchschnittlich 2.500 Liter Milch pro Jahr. Heute gibt eine Milchkuh zwischen 5.000 und 10.000 Liter Milch pro Jahr. Durch diese enorme Produktionsleistung erhöht sich auch die Anfälligkeit für Krankheiten beträchtlich. Euterentzündungen sind die häufigsten Erkrankungen von Milchkühen und somit der häufigste Grund für Ausfälle. Deshalb wird nicht gezögert, Antibiotika zu vergeben6.
Die Intensivtierhaltung stellt ein massives Gesundheitsrisiko für Mensch und Tier dar, da durch den enormen Antibiotikaeinsatz in der konventionellen Nutztierhaltung die Bildung von resistenten Keimen (z.B. MRSA und ESBL) immer weiter vorangetrieben wird. Seit einigen Jahren erkranken v.a. Menschen, die im direkten Kontakt mit Nutztieren arbeiten, an einem neu herausgebildeten MRSA-Stamm, dem sogenannten la-MRSA (Robert Koch Institut, 2013)7.
Großflächige Behandlung mit Antibiotika
In einem Maststall mit tausenden Hühnern oder hunderten Schweinen ist es unmöglich, die erkrankten Tiere schnell zu identifizieren und einzeln zu behandeln. Deshalb wird in der Intensivtierhaltung die Metaphylaxe angewandt. Das bedeutet, es werden im Krankheitsfall alle Tiere behandelt, nicht nur die kranken. Metaphylaxe ist in der heutigen Nutztierhaltung erlaubt, da die Tiere unter den herrschenden Haltungsbedingungen nicht anders behandelt werden können. Die Praxis der Metaphylaxe muss ein Ende haben und notwendigerweise auch mit Änderungen in der Form der Tierhaltung einhergehen.
Auswirkungen auf den Menschen
In der intensiven Nutztierhaltung werden die gleichen Antibiotika wie in der Humanmedizin eingesetzt. Menschen, die mit multiresistenten Keimen (z.B. MRSA oder ESBL-Bildnern) infiziert sind, können nur noch erschwert behandelt werden. Ein weiteres Problem ist der Einsatz von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung – dabei handelt es sich um Antibiotika, die für Menschen von besonderer Bedeutung sind und nur sehr sparsam eingesetzt werden sollten. In der Praxis müssen TierärztInnen aber oft Tiere behandeln, die einen Resistenztest (Dauer: mehrere Tage) nicht überleben würden. Aus diesem Grund werden die Reserveantibiotika häufig ohne Resistenztest verabreicht.
Kurz gesagt: Je mehr Antibiotika in die Umwelt gelangen, umso schneller entwickeln Bakterien Resistenzen, welche auch die Gesundheitsversorgung der Menschen bedrohen. Wenn wir keine wirksamen Antibiotika mehr haben und uns die Reserveantibiotika ausgehen, können bald selbst harmlose Krankheiten nicht mehr behandelt werden. D. h., wir schützen auch uns selbst, wenn wir für tiergerechtere Haltungsbedingungen sorgen und den flächendeckenden Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung reduzieren.
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Fordern wir gemeinsam von unserer Bundesregierung, die Bedrohung für unsere Umwelt und unsere Gesundheitsversorgung zu stoppen!
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