7 häufige Mythen zum Verbrenner-Ausstieg
Der Klimawandel macht klar: Die Zeit des Verbrennungsmotors ist abgelaufen. Doch Argumente für seinen Erhalt sind attraktiv, denn Veränderung ist schwer – und Öl- und Autoindustrie tun alles, um den Umstieg zu verzögern. Wir zeigen sieben Argumente, die sich bei genauerer Betrachtung als Mythen entpuppen.
Mythos Nr. 1: Andere Verkehrsmittel erzeugen viel mehr Abgase als PKWs!
Manchmal ist es natürlich schwer zu verstehen: Warum sollen die vielen kleinen PKWs „an allem” schuld sein, wo doch LKW und Flugzeuge so viel größere Motoren haben?
Allerdings zeigen die Zahlen eindeutig, warum: In Summe macht der Straßenverkehr mit 72 Prozent einfach den größten Teil der Emissionen des Verkehrs aus. Und dafür verantwortlich sind mehrheitlich PKW. Ja, jedes einzelne kleine Auto mag weniger ausstoßen als Lastwagen und Flugzeug, aber in Summe ist der Anteil der PKWs größer.
Dazu kommt: Bei jedem Thema beim Kampf gegen den Klimawandel kann man fragen „warum nicht zuerst ein anderer Sektor, ein anderer Staat usw.?” Das Problem daran ist, dass das jeder sagen kann – was nur dazu führt, dass keiner etwas tut. Es ist auch für einen Sektor oder einen Staat vollkommen unmöglich, so viel zu tun, dass es für alle anderen unnötig ist, etwas zu ändern. Wir müssen alle etwas beitragen. Nur so kann garantiert werden, dass es für alle verkraftbar ist.
Mythos 2: Ein Schiff stößt so viel Schadstoffe aus wie eine Million Autos – dort anzusetzen bringt viel mehr!
Sieht man die gewaltigen Schiffe mit ihren gewaltigen Schloten, scheint die Zahl plausibel. Da kommen natürlich mehr Abgase raus als aus PKWs, oder? Und Studien scheinen es zu belegen: Eine oft (falsch) zitierte Studie besagt, dass alleine die fünfzehn größten Schiffe zusammen so viele Schadstoffe ausstoßen wie 750 Millionen Autos. Klingt eindeutig, oder?
So ist es aber nicht. Denn Schadstoff ist nicht gleich Schadstoff, und es spielt eine Rolle, um welche Substanz es sich dreht: In der oft falsch zitierten Studie ging es nicht um CO2, auch nicht um Stickoxide, sondern alleine um Schwefeloxide. Für die Klimaerhitzung ist hingegen CO2 das Hauptproblem.
Und wie sieht es mit dem CO2-Ausstoß großer Schiffe aus? Natürlich stößt ein Schiff auch viel mehr CO2 aus als ein Auto. Aber auch das Transportvolumen eines Schiffes ist viel höher als das eines Autos – unverhältnismäßig höher: Pro Tonne Ladung ist der CO2-Ausstoß eines Schiffes viel geringer als der eines Autos.
Natürlich sind Schiffe dennoch gewaltige Dreckschleudern. Sie fahren meist mit hochgiftigem Schweröl, einem Abfallprodukt aus Raffinerien, das an Land als Sondermüll entsorgt werden müsste. Auch andere Treibstoffe sind hochgiftig, wie die Ölkatastrophe vor Mauritius 2020 zeigte. Ihre Antriebe müssen verbessert werden, die Umweltbelastung beim Einfahren in Städte adressiert werden. Aber als Grund, den Verbrennungsmotor von PKWs nicht anzutasten, sind sie nicht geeignet. Auch weil Schiffe nur 11 Prozent der Emissionen des Verkehrs ausmachen – und der Anteil im Gegensatz zu den Emissionen des Straßenverkehrs bereits sinkt.
Eine gute Nachricht gibt es auf jeden Fall: Gelingt die Energie- und Mobilitätswende an Land, dann wird zwingend auch die Umweltbelastung durch Schiffe auf dem Meer sinken. Denn was ein guter Teil der Schiffe auf den Ozeanen transportiert, das sind – fossile Energieträger. Und die braucht es bald nicht mehr.
Mythos 3: Wir können den Verbrennungsmotor auch umweltfreundlich machen – Bio-Treibstoffe sind die Lösung!
Es klingt so schön: Einfach Ölpflanzen wie Raps anbauen, und schon sind die Probleme des Verbrennungsmotors gelöst. Schließlich stößt der Motor dann nur CO2 aus, das vorher natürlich gewachsen ist, oder?
Leider ist das Wunschdenken. Denn um die gewaltigen Mengen an Ölpflanzen für die Agrotreibstoffe anzubauen, ist viel Platz notwendig – Platz, der entweder auf Kosten der Nahrungsproduktion geht oder (wahrscheinlicher) durch die Zerstörung von Naturräumen gewonnen wird. So landet der größte Teil von Palmöl, für das Regenwald vernichtet wird, in den Tanks von Autos! Und auch der Anbau anderer Ölpflanzen ist problematisch, denn er geschieht unter Ressourceneinsatz, Kunstdüngung und mit den Mitteln der industriellen Landwirtschaft. Ja, es gelangt kein Erdöl mehr aus Bohrinseln und Pipelines in die Umwelt, doch wenn mächtige Wälder durch pestizid-verseuchte Monokulturen ersetzt werden, ist das Problem nur verlagert; mit Nachhaltigkeit hat das nichts zu tun.
Deshalb ist die Bezeichnung „Bio-Sprit” für die Agrotreibstoffe reines Schönfärben.
Und das noch bevor man bedenkt, dass ein Verbrennungsmotor, der mit Agrosprit läuft, natürlich auch Schadstoffe ausstößt, die die Luftqualität in Städten beeinträchtigen.
Mythos 4: E-Autos sind viel schlimmer für die Umwelt als Autos mit Verbrennungsmotoren!
Immer wieder gibt es reißerische Berichte über Umweltschäden durch Lithium-Abbau. Ein beliebter Vergleich zeigt zum Beispiel, wieviel Wasser für ein Kilo Lithium verbraucht wurde.
Fest steht: Der Abbau für die Rohstoffe von E-Autos kann problematisch sein. Jedoch ist die Darstellung oft bewusst verzerrt, um diese Schäden zu übertreiben. So scheint der Wasserverbrauch für die Herstellung eines 64 Kilowattstunden-Akkus mit einigen tausend Litern groß – doch das ist in etwa die gleiche Menge, die für ein Kilo Rindfleisch oder Kaffee anfällt. Im Gegensatz dazu hält der Akku über mehrere Jahre. Umgekehrt stehen dem die Schäden der Öl-Industrie gegenüber – wer erinnert sich nicht an die Exxon Valdez-Katastrophe, die hunderte Kilometer Küste mit Öl überzogen hat? Und das sind nur die Katastrophen, die es überhaupt in die Nachrichten schaffen.
Richtig ist natürlich, dass E-Autos keine Universallösung sind. Wenn wir jedes Auto mit Verbrennungsmotor durch ein E-Auto ersetzen, dann bringt das ganz eigene Probleme mit sich. Eine Verkehrswende muss deshalb auch generell Alternativen zum Auto anpassen. Die E-Autos adressieren aber jedenfalls schon einige Probleme, vor allem bei den Klimafolgen des Verkehrs.
Mythos 5: Wer ein E-Auto fährt, hängt doch nur am Kohlekraftwerk!
Richtig ist: Wie umweltfreundlich ein E-Auto im Betrieb ist, hängt auch vom Strommix ab, mit dem es läuft. Und wenn da Kohlestrom dabei ist, dann, ja, trägt auch das E-Auto zur Luftverschmutzung durch Kohle bei.
Doch das ist schon alles. Denn die ganze Wahrheit ist, dass selbst E-Autos, die weitgehend mit Kohlestrom fahren (wie etwa in Indien oder China) immer noch deutlich geringere Emissionen verursachen als Autos mit Verbrennungsmotor. Denn der E-Antrieb ist sehr effizient – und kein E-Auto fährt die ganze Zeit mit Kohle. Zusätzlich verringert sich der Anteil von Kohlestrom am Strommix ohnehin. Und in Österreich gibt es gar keine Kohlekraftwerke mehr.
In jedem Fall aber verursacht ein E-Auto in der Nähe von Menschen viel geringere Gesundheitsschäden als ein Auto mit Verbrennungsmotor – es fällt zwar der Feinstaub durch Reifenabrieb an, aber nicht Abgase und Feinstaub aus der Verbrennung.
Mythos 6: Wir setzen mit E-Autos aufs falsche Pferd – Wasserstoff ist viel besser!
Wasserstoffantriebe sind eine faszinierende Idee: Das Konzept, einen leistungsfähigen Antrieb zu haben, bei dessen Verbrennung als Nebenprodukt nur Wasser anfällt, ist elegant. Warum also nicht darauf setzen, statt auf Batterien, für die Lithium nötig ist?
Der Einwand ist verständlich, aber es gibt mehrere Gründe, warum das Wasserstoffauto gegenüber dem E-Auto derzeit für die Umwelt schlechter abschneidet.
Der erste Grund ist die Gewinnung des Wasserstoffs selbst: Da Wasserstoff nicht ungebunden in der freien Natur vorkommt, muss er erst aus anderen Verbindungen hergestellt werden. Das kann mittels Elektrolyse aus Wasser geschehen, wo nur Sauerstoff frei wird, oder auch aus Erdgas (z.B. Methan), wo im Betrieb CO2 frei wird. Der häufigere Weg ist der zweite, doch selbst wenn der erste gewählt wird, ist der Prozess energieintensiv – und die Energie muss von irgendwo herkommen. Wirft man E-Autos vor, an Kohle- oder Atomstrom zu hängen, so gilt das umso mehr für Wasserstoff-Autos.
Der zweite Grund ist die nötige Infrastruktur. Die Versorgung für den Antrieb von E-Autos existiert im Prinzip bereits, denn wir haben bereits ein engmaschiges Stromnetz. Ganz anders ist das für Wasserstoff, denn er müsste nicht nur in großen Mengen hergestellt werden, sondern auch transportiert und an speziell umgerüsteten Tankstellen bereitgestellt sein. Bis das geschieht, würden Jahre vergehen.
Der dritte Grund ist die Energieeffizienz. Elektromotoren sind die effizientesten Antriebe überhaupt, denn der Weg von der Stromherstellung bis zum Antrieb ist am direktesten. Anders bei Wasserstoffautos: Bei ihnen muss der Wasserstoff mit Strom gewonnen werden, es ist Energie zur Speicherung und Lagerung nötig, und am Ende wird der Wasserstoff wieder in Strom für den Antrieb verwandelt. Jeder Schritt kostet Effizienz, so dass der Wirkungsgrad am Ende nur noch bei rund 30 Prozent liegt. Das ist immer noch mehr als bei Benzinern, aber weniger als die Hälfte des E-Antriebes.
Alles in allem ist es unwahrscheinlich, dass Wasserstoffautos das Rennen um die motorisierte Mobilität noch gewinnen können – zumindest im PKW-Bereich. Anders könnte es allerdings bei Spezialfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen aussehen. Vor allem bei letzteren könnten Wasserstoffantriebe zum entscheidenden Sprung raus aus fossilen Antrieben ermöglichen. Und auch in den erneuerbaren Energien könnte Wasserstoff eine wichtige Rolle als Speichermedium zukommen.
Mythos 7: Wir brauchen keine Verkehrswende, es gibt gar keinen Klimawandel.
Der menschengemachte Klimawandel ist inzwischen eindeutig belegt. Mehr muss man dazu nicht sagen. Und selbst wenn es ihn nicht gäbe – Umweltverschmutzung durch Öl vom Abbau bis zur Verbrennung, Schadstoff- und Lärmbelastung in den Städten, Verkehrstote, Bodenversiegelung, Förderung von Konflikten durch fossile Treibstoffe … jeder einzelne Grund zeigt, dass der Verbrennungsmotor unsere Gesellschaft schädigt. Es gibt längst bessere Modelle.
Doch bei allen widerlegten Mythen, wir dürfen dabei nicht vergessen: Sich nach mehreren Jahrzehnten der Dominanz des Autos einen anderen Alltag vorzustellen, ist nicht leicht. Menschen, die fernab vom öffentlichen Verkehr wohnen oder spezielle Mobilitätsbedürfnisse haben, können besorgt sein, dass der Verbrennungsmotor ohne Angebot von Alternativen verschwindet.
Deshalb müssen wir die Mobilitätswende mit Empathie und Verständnis beginnen und dafür sorgen, dass niemand zurückgelassen wird.
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E-Mobilität, selbstfahrende Autos, intelligente Leitsysteme – neue Mobilitätskonzepte könnten es möglich machen, die hohe Lebensqualität der Stadt optimal zu genießen. Doch die städtische Verkehrsplanung dreht sich noch immer hauptsächlich ums Auto, statt Alternativen anzubieten: Bodennahe Abgase verursachen langanhaltenden Schaden an den Lungen unserer Kinder1, Lärm2 und Staus erzeugen Stress und kosten viel Zeit.
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