Antarktis-Kommission verpasst historische Chance für Meeresschutz
Nun liegt es an den Vereinten Nationen, bis zum Jahr 2020 die Grundlage für ein weltweites Netzwerk an Schutzgebieten zu schaffen
Albatrosse und Sturmvögel kreisen am Himmel, Hunderttausende von Pelzrobben drängeln sich auf den Felsen, riesige Pinguinkolonien watscheln ins Meer, Blauwale tauchen majestätisch zwischen den Eisbergen auf. Hunderte Meter hoch türmen sich auf dem Festland die Eismassen. Gigantische Tafeleisberge kalben mit Getöse ins Meer und machen sich auf den Weg nach Norden - in Silber-, Grün- und Blautönen schimmernd, oft zu bizarren Türmen geformt. Die Antarktis ist eine fremdartige raue Schönheit, ein weitgehend ungestörter Lebensraum und Heimat einzigartiger Tierarten. Doch sie ist in Gefahr: Folgen des Klimawandels machen der Antarktis und ihren Bewohnern schwer zu schaffen. Auch bedroht die industrielle Fischerei den Lebensraum. Mithilfe eines Schutzabkommens könnte sich die südpolare Region wieder erholen - und das ist auch für uns wichtig, denn intakte Meere sind entscheidend im Kampf gegen die Klimaerhitzung.
Doch entgegen aller wissenschaftlicher Empfehlungen hat sich die Antarktis-Kommission CCAMLR am 2. November gegen ein Schutzgebiet in der Antarktis entschlossen. Die 24 Staaten und die Europäische Union konnten nach zweiwöchigen Verhandlungen in Tasmanien keinen Konsens für das Schutzgebiet im Weddellmeer finden. 22 Mitglieder stimmten für das Schutzgebiet; die Delegationen aus Russland, China und Norwegen blockierten den Antrag. Meeresschutzgebiete müssen bei der Antarktis-Kommission einstimmig beschlossen werden. Die Entscheidung folgt einer einjährigen globalen Kampagne von Greenpeace, die von fast drei Millionen Menschen weltweit unterstützt wurde
„Die Antarktis-Kommission hat heute versagt und es nicht geschafft, den Bedrohungen der Meere entgegenzutreten“, sagt Lukas Meus, Meeres-Sprecher bei Greenpeace in Österreich. „Viele Delegationen vor Ort erhofften sich eine positive Entscheidung. Doch trotzdem wurde der wissenschaftlich unterlegte Antrag auf das Schutzgebiet von Maßnahmen untergraben, die kaum wissenschaftlich sind.“ Im Zuge der Verhandlungen brachten Delegationen wie aus China und Russland Änderungsanträge ein, anstatt wissenschaftlich seriöse Einwände gegen das vorgeschlagene Schutzgebiet vorzulegen. Die norwegische Delegation hingegen räumte dem Antrag ein, über die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu verfügen. Trotzdem reichte die Delegation einen eigenen Antrag ein, in dem sie vorschlug, das Gebiet in zwei Hälften zu teilen. „Wir sind an einem Punkt, an dem uns die Zeit davonläuft“, betont Meus. „Das größte Meeresschutzgebiet der Welt hätte Lebensräume von Meerestieren wie Pinguinen und Walen geschützt, einen Beitrag im Kampf gegen die Klimaerhitzung geleistet und die Gesundheit unserer Weltmeere gestärkt“.
Der globalen Greenpeace-Kampagne zum Schutz des wertvollen polaren Ökosystems haben sich fast drei Millionen Menschen weltweit angeschlossen. Während einer dreimonatigen Schiffsexpedition im Frühjahr 2018 in der Antarktis hatte ein Team von WissenschaftlerInnen an Bord des Greenpeace-Schiffs besonders schützenswerte Strukturen am antarktischen Meeresboden nachgewiesen. Ebenso deckte Greenpeace mit Schlauchbootaktionen vor Ort und einer Studie die Bedrohung des antarktischen Ökosystems durch die Krillfischerei auf. Als Folge gab ein Großteil der Krillfischerei bekannt, sich aus wichtigen ökologischen Regionen zurückzuziehen und ein Netzwerk an Schutzgebieten zu unterstützen. „Das Schutzgebiet im Weddellmeer wäre die optimale Chance gewesen, einem globalen Netzwerk an Meeresschutzgebieten den entscheidenden Anstoß zu geben“, sagt Meus.
Damit unsere Meere nicht komplett aus dem Gleichgewicht geraten, gehen WissenschaftlerInnendavon aus, dass 30 Prozent der Meere bis zum Jahr 2030 unter Schutz stehen müssen. Aus diesem Grund wird seit September 2018 bei den Vereinten Nationen über ein globales Hochseeschutzabkommen verhandet. Dieses könnte frühestens 2020 beschlossen werden und würde die Grundlage für ein weltweites Netzwerk an Schutzgebieten bilden. „Ein Gremium wie CCAMLR, das zum Schutz der Antarktis eingesetzt wurde, aber durch die Interessen einzelner Mitgliedsländer dominiert wird, ist offenkundig kein Teil der Lösung“, sagt Meus. „Die Vereinten Nationen müssen daraus die Konsequenzen ziehen und mit dem globalen Hochseeschutzabkommen sicherstellen, dass der Schutz der Meere endlich vorangetrieben wird. Mit aller Kraft und der Unterstützung von Millionen von Menschen weltweit wird sich Greenpeace für ein starkes Hochseeschutzabkommen einsetzen“.
Helfen Sie mit - geben Sie uns Ihre Stimme, um unsere Meere zu schützen: Hier geht's zur Petition!