Arktisches Öl vor Gericht
Die Umweltschutzorganisationen Greenpeace Nordic und Nature & Youth ziehen vor Gericht: Bereits im Oktober 2016 haben die beiden Organisationen eine Klage gegen den norwegischen Staat eingereicht. Grund dafür ist, dass Norwegen im Mai 2016 neue Ölförderlizenzen vergeben hat – unter anderem an die österreichische OMV. Das sei jedoch aus der Sicht von Greenpeace und Nature & Youth verfassungswidrig und widerspreche dem Pariser Klimaschutzabkommen. Wie heute bekannt wurde, soll die Klage gegen die norwegische Regierung am 13. November verhandelt werden. Eine Rechtsanwältin von Greenpeace International, die an diesem Fall mitarbeitet, schildert die Hintergründe eines Rechtsfalls, der nicht nur für Norwegen richtungsweisend sein kann.
Wenn ich an zukünftige Generationen denke, dann kommt mir meine Nichte Blythe in den Sinn. Mit fünf Monaten hat sie das Recht auf ein vollkommenes und gesundes Leben – ohne den katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels, die wir bereits jetzt weltweit erleben. Und genau das, die Bewältigung des Klimawandels, sollte die oberste Priorität von Regierungen sein. Jedoch scheint es, dass Politikerinnen und Politiker einen Anstoß brauchen, um zu handeln. Für diesen Anstoß sorgt jetzt die Zivilgesellschaft – mit Hilfe der Justiz. Denn es ist an der Zeit, dass wir die Regierungen hinsichtlich ihrer Klimaschutzversprechen zur Rechenschaft ziehen. Aus diesem Grund haben wir die norwegische Regierung geklagt. Diese hat Ölbohrlizenzen an 13 Konzerne in den arktischen Gewässern vergeben. Damit verstößt Norwegen nicht nur gegen die eigene Verfassung, sondern widerspricht auch dem Pariser Klimaschutzabkommen. Nun erhielt unsere Klage endlich einen Gerichtstermin: Am 13. November bringen wir arktisches Öl vor Gericht.
Lassen sie mich einige rechtliche Punkte dieser Klage erklären: Norwegen hat als eines der ersten Länder das Pariser Klimaabkommen unterschrieben. Doch schon kurz nach der Unterzeichnung begann die Regierung enorme Flächen ihrer Küstengewässer – unter anderem in der Arktis - an Ölkonzerne zu vergeben. Neue Ölbohrungen in der Arktis sind jedoch unverantwortlich. Denn die Arktis ist enorm wichtig für die Regulierung der weltweiten Temperaturen. Wir werden dem Gericht zeigen, dass die norwegische Regierung handeln muss, um das Pariser Klimaabkommen erfolgreich umsetzen zu können und die norwegische Verfassung zu wahren. Denn die Lizenzen verstoßen gegen das norwegische Recht auf eine gesunde Umwelt für jede einzelne Person. Dies wird im Paragraph 112 der Verfassung klar festgehalten:
“Every person has the right to an environment that is conducive to health and to a natural environment whose productivity and diversity are maintained. Natural resources shall be managed on the basis of comprehensive long-term considerations which will safeguard this right for future generations as well... The authorities of the state shall take measures for the implementation of these principles”.
Es ist eindeutig, dass die Förderung von fossilen Brennstoffen in der Arktis gegen die Rechte, die im Paragraphen 112 verankert sind, verstößt. Wir fordern daher die norwegische Regierung auf, dieses verfassungsmäßige Recht zu wahren.
Bei dieser Klage geht es jedoch nicht nur um Norwegen. Es geht um Klimagerechtigkeit für uns alle, für unsere Nichten und Neffen, und für alle Menschen und zukünftige Generationen. Was in der Arktis passiert, bleibt nicht in der Arktis. Menschen auf der ganzen Welt sind durch Stürme bereits obdachlos geworden, durch Überschwemmungen gestorben und aufgrund von schrecklichen Dürren verhungert. Wenn wir nicht handeln, werden die Folgen des Klimawandels, darunter Dürren und Überschwemmungen nicht mehr beherrschbar sein. Unsere Lebensgrundlage, unsere Gesundheit, unsere Umwelt sind gefährdet.
Diese Klage ist Teil einer Bewegung die sich von Norwegen bis hin zu den Philippinen erstreckt. Bereits über 150. 000 Menschen weltweit sind Teil dieser Bewegung. Werden auch Sie Teil der Generation, die das Öl-Zeitalter beendet: https://energie.greenpeace.at/menschheit-vs-arktischesoel
Sollten Sie jedoch Teil einer Regierung sein und mit ihrem Handeln den Klimawandel beschleunigen, dann bestehen gute Chancen darauf, dass wir uns vor Gericht sehen.
Michelle Jonker-Argueta ist Anwältin bei Greenpeace International