Offener Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz
Greenpeace fordert in einem offenen Brief ihres Geschäftsführers Alexander Egit an Bundeskanzler Kurz anlässlich der abschließenden Sitzung des Umweltausschusses zum Klimavolksbegehren am 9. März ein Ende der Blockade der Klimapolitik durch die ÖVP.
Seit mittlerweile 34 Jahren ist die ÖVP an der Macht. 34 Jahre waren das Wirtschaftsministerium - bis vor kurzen für die Energieagenden verantwortlich - und mehr als 32 Jahre das Umweltministerium in ihrer Hand. Während die Treibhausgas-Emissionen seit 1990 EU-weit um fast ein Viertel gesunken sind und andere Länder die enormen wirtschaftlichen Potenziale der Energiewende nutzen, sind die Emissionen in Österreich in diesem Zeitraum sogar um rund zwei Prozent angestiegen. Die ÖVP trägt die Hauptverantwortung für Österreichs Versagen in der Klimapolitik.
Der gesamte offene Brief im Wortlaut
An Bundeskanzler Sebastian Kurz
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Selten in der Geschichte der Zweiten Republik hatte ein Bundeskanzler so viel Macht und so große Gestaltungsspielräume wie Sie. Ob Österreich in den kommenden Jahren seinen dringend notwendigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und dessen wirtschaftliche Chancen nützen wird, ist im Wesentlichen Ihre Entscheidung.
Diese Machtkonzentration in Händen der ÖVP ist nichts Neues, aber leider hat sie unser Heimatland bereits viel gekostet: Seit mittlerweile 34 Jahren ist die ÖVP an der Macht. 34 Jahre waren das Wirtschaftsministerium und mehr als 32 Jahre das Umweltministerium in ihrer Hand. Während die Treibhausgas-Emissionen seit 1990 EU-weit um fast ein Viertel gesunken sind und andere Länder die enormen wirtschaftlichen Potenziale der Energiewende nutzen, sind die Emissionen in Österreich in diesem Zeitraum sogar um rund zwei Prozent angestiegen. Die ÖVP trägt also die Hauptverantwortung dafür, dass wir in dieser Situation sind. Sie hat daher auch die Verantwortung, das von ihr verursachte Problem zu lösen, statt ständig Lösungen zu blockieren.
Die Jugend unseres Landes, alle Klima-WissenschafterInnen und Umweltschutzorganisationen fordern gemeinsam mit 380.590 UnterzeichnerInnen des Klimavolksbegehrens entschiedene Maßnahmen. Ihr Koalitionspartner, die Grünen, hat bei diesem Thema großen Gestaltungswillen. Das von Ihnen unterschriebene Regierungsprogramm ist voller guter Ideen. Und trotzdem steht die ÖVP beharrlich auf der Klimaschutz-Bremse.
Der Verkehr ist der größte Problembereich beim heimischen Klimaschutz-Versagen. Aber anstatt endlich öffentliche Verkehrsmittel auch im ländlichen Raum auszubauen und unser Steuersystem so umzugestalten, dass ein Leben ohne Auto leistbar wird, wollen Sie weitere Autobahnen bauen.
Auch in der Energiewende stecken zur Bewältigung unserer Wirtschaftskrise und zur Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze enorme Chancen. Aber Sie blockieren einen guten Entwurf des Ausbaugesetzes für erneuerbare Energien, weil Sie hier hauptsächlich die Interessen der Erdgas-Versorger und Ihres Freundes Rainer Seele von der OMV vertreten. Dabei hat Erdgas in einer zukünftigen, klimaverträglichen Welt genauso wenig Berechtigung wie schmutziges Erdöl.
Herr Bundeskanzler, beenden Sie Ihre zukunftsblinde Blockadehaltung! Kommende Generationen werden Ihre Regierungstätigkeit danach beurteilen, ob Sie bei der zentralen Überlebensfrage der Menschheit richtig und mutig gehandelt haben. Klimaschutz ist keine lästige Pflicht, er ist eine Chance für neue Jobs, für sauberen und leistbaren Verkehr sowie ein gutes Leben unserer Kinder und Enkelkinder.
Alexander Egit
Geschäftsführer Greenpeace