Giftige Plastikmüllexporte aus Europa landen in der Türkei
Trotz internationaler Abkommen, die das verhindern sollen, landet nicht-recyclebarer Plastikmüll aus Eruopa in Südostasien oder der Türkei. Dort bedroht er die Gesundheit von Mensch und Natur.
Wir haben ein riesiges Plastikmüllproblem, das aber gar nicht so leicht zu erkennen ist: denn ein Teil des gewaltigen Abfallaufkommens wird ins Ausland verschifft. In der Türkei oder in Malaysia lagert der Müll oft auf wilden Deponien, statt dort recycelt zu werden – ihre vermeintliche Wiederverwertung im Zielland ist der offizielle Grund, warum diese Plastikmüllexporte überhaupt möglich sind. Oftmals sind die ansässigen Unternehmen allerdings von der schieren Masse an Müll überfordert – oder seiner Zusammensetzung: Plastikgemische sind häufig schwer wiederaufzubereiten. Schlimmstenfalls gibt es von vornherein keine Absicht, die Abfälle zu recyceln. Diese Mengen an Müll sind für die dort lebenden Menschen ein wachsendes Gesundheitsrisiko.
Die Plastikmüllhalden Europas im Ausland
Greenpeace hat an fünf verschiedenen Orten in der türkischen Provinz Adana Boden-, Asche-, Wasser- und Sedimentproben genommen und ausgewertet. Es handelt es sich um Orte, an denen Kunststoffabfälle aus Europa illegal abgeladen und im Freien verbrannt werden.
Allein im Jahr 2020 importierte die Türkei 656.960 Tonnen Kunststoff aus Europa. Davon entfielen 209.642 Tonnen – und damit der größte Teil – auf das Vereinigte Königreich, Deutschland war mit 136.083 Tonnen der drittgrößte Exporteur. Österreich hat laut dem Umweltministerium im Jahr 2020 über 19.000 Tonnen Müll in die Türkei exportiert davon waren rund 6.000 Tonnen Plastikmüll. Es ist unklar, wo genau der Müll aus Österreich in der Türkei gelandet ist. Da darunter auch verunreinigter Plastikmüll war, ist es wahrscheinlich, dass auch er auf ähnlichen Deponien wie jenen in Adana gelandet ist.
Ein Giftcocktail gefährlich für Menschen, Tiere und Umwelt
An allen Probenahmenstellen wurde ein breites Spektrum umweltschädigender und giftiger Chemikalien nachgewiesen – zum Teil in extrem hohen Konzentrationen. Man weiß, dass viele davon bei der Verbrennung von Kunststoffen entstehen. Einige der nachgewiesenen Chemikalien können Wachstumsstörungen bei Kindern, Fortpflanzungs- und hormonelle Störungen, Organschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Atemwegserkrankungen verursachen sowie verschiedene Krebsarten auslösen.
- Es wurde hohe Konzentrationen von chlorierten Dioxinen und Furanen (polychlorierte Dibenzo-p-Dioxine und Dibenzofurane) gefunden, die erwiesenermaßen schwere Krankheiten wie Krebs verursachen und durch Anreicherung im Körper langfristig zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.
- Die in einigen Bodenproben festgestellten Dioxin- und Furanmengen gehören zu den höchsten Werten, die bisher in der Türkei im Boden nachgewiesen wurden.
- Die Gesamtkonzentration an polychlorierten Biphenylen (PCB) war bei einer illegalen Deponie 30.000-mal höher als in der Kontrollprobe, die an nahe gelegenen und nicht von den Deponien beeinflussten Kontrollstandorten entnommen wurde.
- Die Konzentration von Cadmium und Molybdän war an einem Standort 200-fach so hoch wie in den Kontrollproben; die Zinnkonzentration 140-fach und die Antimonkonzentration 500-fach über denen der Kontrollproben.
Die Deponie liegt mitten in Feldern von Mais und Erdnüssen, auch ein Bewässerungskanal und Tierfutterfabriken gibt es in der Nähe. Einige der festgestellten organischen Schadstoffe können lange Zeit im Boden verbleiben. Diese Schadstoffe können nahe gelegene Oberflächengewässer direkt und indirekt verunreinigen und ins Grundwasser gelangen.
Die EU muss handeln
Die EU-Kommission ist sich des Problems bewusst. Geschätzt sind nämlich 15 bis 30 Prozent der Müllexporte aus der EU in Drittländer – im Jahr 2020 waren das 33 Millionen Tonnen – illegal. Laut einem EU-Kommissionsentwurf für eine neue Abfallverbringungsverordnung, sollen Müllexporte nur noch in Länder möglich sein, die eine ordnungsgemäße Verarbeitung und Verwertung dieses Mülls garantieren können.
Das ist jedoch nicht genug. Unser Müll darf nicht länger Menschen, Tiere und Umwelt in anderen Ländern gefährden. Wir fordern deshalb ein Exportverbot für Plastikmüll sowie strenge Kontrollen im Müllhandel. Zudem sollen die Verursacher-Staaten für die Kosten der Umweltverschmutzung aufkommen. Um Plastikmüll grundsätzlich zu reduzieren muss die Politik hohe Reduktionsziele und Mehrwegquoten für Verpackungen umsetzen.