Für eine klima- und umweltfreundliche Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist stark von der Klimakrise betroffen und verursacht gleichzeitig selbst große Mengen an klimaschädlichen Treibhausgasen. Greenpeace und zahlreiche weitere Organisationen stellen mit der Initiative "Klimafreundliche Landwirtschaft" fünf Forderungen an die SpitzenkandidatInnen der österreichischen Parteien. Denn es ist höchste Zeit, dass die Agrarpolitik ihre Bemühungen beim Schutz von Klima, Biodiversität und Umwelt deutlich verstärkt.
Die Erhitzung des Klimas ist die größte ökologische Herausforderung der Menschheit. Schon heute spüren wir die Auswirkungen der Klimakrise auch in Österreich: Dürre, Hochwasser, Hagel, das Abschmelzen der Gletscher. Unser globales Ernährungssystem – allen voran die Landwirtschaft und Fleischproduktion – ist für rund 37 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. In Österreich werden rund zehn Prozent der direkten Treibhausgas-Emissionen durch die Landwirtschaft verursacht. Rechnet man aber auch die indirekten Emissionen mit ein – etwa durch den Energieaufwand für die Produktion von Stickstoff-Mineraldünger oder die Abholzung von Wäldern in Südamerika für die Produktion von Soja-Futtermitteln – dann steigt der Anteil auf über 18 Prozent. Gleichzeitig kann die Landwirtschaft der Klimaerwärmung entgegenwirken, z. B. indem Treibhausgase im Boden gebunden werden. Nicht zuletzt ist die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel eine große Herausforderung, um die Lebensmittelproduktion langfristig abzusichern.
Da die nächste Bundesregierung die Landwirtschaft in Österreich für Jahre maßgeblich prägen wird, wendet sich die Initiative „Klimafreundliche Landwirtschaft“ mit fünf zentralen Forderungen an die SpitzenkandidatInnen zur Nationalratswahl 2019. Die Initiative von AkteurInnen aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Gesundheit, Wirtschaft und Zivilgesellschaft fordert von der nächsten Bundesregierung die Forcierung von Maßnahmen für eine klimafreundliche Landwirtschaft und eine entsprechende Ausrichtung der Agrarförderungen in Österreich.
Forderungen der Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft”
1) Landwirtschaft bei Schutz von Klima und Biodiversität unterstützen – Anteil der Mittel für Agrarumwelt-Maßnahmen verdoppeln: Als Teil der Agrarförderungen werden im Rahmen des Agrarumweltprogrammes konkrete Maßnahmen unterstützt, welche die Landwirtschaft umweltfreundlicher machen. Das Budget für das Agrarumweltprogramm wurde in der aktuellen Förderperiode (2014-2020) im Vergleich zur Vorgänger-Periode auf nationaler Ebene bereits um 640 Mio. EUR gekürzt. Für die Zukunft sind weitere Einschnitte zu befürchten. Doch Klima- und Biodiversitätskrise – z.B. der Rückgang von Insektenarten in der Kulturlandschaft – zeigen: Wir brauchen dringend eine fundamentale Trendumkehr und damit einen massiven finanziellen Ausbau des Agrarumweltprogrammes. Die zweckgewidmeten Fördermittel für Leistungen der Bäuerinnen und Bauern im Bereich Klima-, Biodiversitäts- und Umweltschutz sowie Tierwohl müssen von derzeit 25 Prozent auf 50 Prozent der Gesamtmittel erhöht werden. Die Zahlungen sollen dabei keine reine Ausgleichszahlung sein, sondern einen aktiven Anreiz für die Umsetzung von wichtigen Umwelt- und Klimamaßnahmen darstellen.
2) Bio-Landwirtschaft schützt Klima und Biodiversität – Bio-Anteil von 35 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche als Ziel im „GAP Strategieplan“ verankern und Maßnahmenpaket schnüren: Derzeit werden in Österreich bereits rund 25 Prozent der Flächen biologisch bewirtschaftet. Die biologische Landwirtschaft versorgt uns nicht nur mit hochwertigen Lebensmitteln, sondern schont auch die Umwelt, das Klima und fördert die Artenvielfalt. Aus diesem Grund fordert die Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft” einen Bio-Anteil von 35 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche bis 2027 als Zielvorgabe im „GAP Strategieplan“. Die zukünftige Bundesregierung sollte ein entsprechendes Maßnahmenpaket schnüren und ausfinanzieren, um die biologische Produktion und gleichzeitig die Märkte für Bio-Lebensmittel auszuweiten. Das Maßnahmenpaket muss der biologischen Landwirtschaft auch innerhalb des Agrarumweltprogrammes Priorität geben.
3) Biodiversität flächendeckend fördern – biodiversitätsfördernde Maßnahmen auf allen Bauernhöfen umsetzen: Eine Million Arten sind weltweit vom Aussterben bedroht. Auch vor Österreich macht das Artensterben nicht Halt. Die Gründe dafür liegen u.a. im Einsatz von Pestiziden und im Rückgang von Lebensräumen wie z.B. Hecken oder Ackerrandstreifen. Die österreichische Landwirtschaft soll deshalb ebenfalls ihren Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt leisten. Konkret sollen auf jedem Bauernhof biodiversitätsfördernde Maßnahmen umgesetzt werden – etwa die Anlage von Blühstreifen oder eine reduzierte Schnitthäufigkeit im Grünland. Für alle Betriebe, unabhängig von der Wirtschaftsweise, soll eine Fördermaßnahme angeboten werden, die eine Auswahl an gut in den Betriebsablauf integrierbaren biodiversitätsfördernden Optionen vorsieht. Eine angemessene finanzielle Abgeltung für deren Umsetzung muss sichergestellt sein.
4) Markt für Bio-Produkte ausbauen – 60 Prozent Bio-Anteil in der Verpflegung öffentlicher Einrichtungen: Rund 1,9 Millionen Personen werden in Österreich täglich in der Gemeinschaftsverpflegung versorgt – ein beträchtlicher Anteil davon in öffentlichen Einrichtungen des Bundes wie in universitären Mensen, Justizanstalten und Einrichtungen des Bundesheeres. Eine verpflichtende Quote von 60 Prozent Bio- Anteil für die Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen würde die Erzeugung und den Verkauf von Bio- Produkten stärken. Diese Maßnahme würde auch zu einer klima- und umweltfreundlicheren Landwirtschaft und einer ernährungsphysiologisch wünschenswerten, gesünderen Ernährung beitragen.
5) Klimafreundliche Tierhaltung und Tierwohl forcieren – Förderung von standortangepasster und flächengebundener Tierhaltung, grundfutterbasierter Rinderhaltung und Weide: Die Tierhaltung spielt eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung einer klimafreundlichen Landwirtschaft. Ein Schlüssel dazu ist eine standortangepasste und flächengebundene Tierhaltung. Dabei ist wesentlich, dass die Anzahl der Tiere und die damit anfallende Menge an Stickstoff-Dünger (Tier-Exkremente) in einem ökologisch nachhaltigen Verhältnis zur verfügbaren Fläche und deren ökologischer Beschaffenheit steht. Dadurch werden mit flächengebundener Tierhaltung auch Böden und Gewässer vor Nitrateintrag geschützt. Es gilt vor allem auch den Einsatz von Kraftfutter zu reduzieren und Wiederkäuer grundfutterbasiert (d.h. mit Frischgras, Heu, etc.) zu ernähren, sowie auf Soja-Importe aus Übersee (insbes. Südamerika) weitgehend zu verzichten. Eine Weidemöglichkeit für die Tiere – wenn die Umstände dies zulassen – spielt darüber hinaus auch eine wesentliche Rolle, um Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere zu fördern.
Zur Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft”
Die Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft” wurde im August 2019 gegründet. Mitglieder sind Greenpeace, BIO AUSTRIA, Sonnentor, die Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb, der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, Fridays For Future sowie die ARGE Schöpfungsverantwortung und das Tierschutzvolksbegehren. Gemeinsam stellen die Mitglieder fünf Forderungen an die SpitzenkandidatInnen der österreichischen Parteien zur Nationalratswahl. Die Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft” wird die KandidatInnen zu ihren Positionen hinsichtlich der fünf Forderungen befragen und die Ergebnisse im September veröffentlichen.