Gift in unserer Kleidung
Egal ob Schuhe, Rucksäcke und sogar Kinderbekleidung: Überall hat Greenpeace in den vergangenen Jahren Chemikalien gefunden, die potentiell krebserregend sind oder die Organe schädigen können. Die Textilindustrie gilt als eine jener Branchen, die die Umwelt am meisten verschmutzt und gefährdet. Wenig überraschend ist auch im Textilbereich der Trend zu Gütezeichen entstanden: Gütezeichen gelten theoretisch als Orientierung für kritische KonsumentInnen, sind in der Realität aber oft nur Verkaufsförderer, die ein gutes Gewissen vermitteln – während keine effektive Verbesserung für die Umwelt durch die jeweiligen Gütezeichenstandards gegeben ist. Greenpeace untersucht daher regelmäßig, welche Gütesiegel vertrauenswürdig sind, eine umweltverträgliche Produktion und faire Löhne gewährleisten.
Von Jessica Braunegger
Massive Schäden für Mensch und Umwelt
Jedes Jahr produziert die globale Textilindustrie rund 80 Milliarden Kleidungsstücke. Dabei kommen schädliche Chemikalien zum Einsatz, die krebserregend sein können, die Organe schädigen und sogar Unfruchtbarkeit begünstigen können. Diese giftigen Stoffe gelangen bei der Kleiderproduktion über dass Abwasser in Flüsse und andere Gewässer. In den Hauptproduktionsländern, die vor allem in Afrika und Asien liegen, hat das katastrophale Folgen für die Umwelt.
Mit der Textil-Kampagne „Detox“ hat Greenpeace bis heute 80 Textilhersteller davon überzeugt, bis zum Jahr 2020 auf eine Produktion ohne gefährliche Chemikalien umzustellen. Darunter finden sich Fast-Fashion-Marken wie H&M, aber auch Sportartikelhersteller wie Adidas, Luxusmarken wie Valentino und Billiganbieter wie Aldi – das entspricht etwa 15 Prozent der globalen Textilindustrie.
Das Gütesiegel-Chaos
Das eingenähte Etikett in Kleidungsstücken verrät nicht, mit welchen Chemikalien das Produkt in Berührung kam, ob unter fairen Bedingungen produziert wurde und ob es recycelbar ist. Gütezeichen füllen bis zu einem gewissen Grad diese Informationslücken und können so bei der Kaufentscheidung helfen. Leider gibt es bereits so viele Textil-Gütezeichen, dass sie KonsumentInnen eher verwirren, als ihnen zu helfen, und viele davon sind aus ökologischer Sicht viel zu schwach.
Drei Gütesiegel haben jedoch im Greenpeace-Check gut abgeschnitten: Dazu zählen das IVN Best des Internationalen Verbands der Naturtextilien (IVN), der GOTS (Global Organic Textile Standard) und – dieses Jahr neu - Made in Green von Oeko-Tex. Für diese Gütezeichen gelten besonders strenge Richtlinien, was den Einsatz von Chemikalien betrifft. Bei den Sozialstandards punkten Fairtrade und die Fair Wear Foundation (FWF). Hier wird darauf geachtet, dass die ArbeiterInnen faire Löhne und gestärkte Arbeitsrechte bekommen. Ein Gütezeichen, das die gesamte Lieferkette aus ökologischer und sozialer Sicht betrachtet, gibt es bisher noch nicht. Wichtigster Mitgrund dafür ist die Tatsache, dass Lieferketten im Textilbereich massiv intransparent gestaltet sind. Durch die Möglichkeit, Aufträge an Subunternehmer weiterzugeben, kann der Hersteller oft nicht garantieren, wie sein Kleidungsstück produziert wurde. Daher fordert Greenpeace seit Jahren höhere Transparenz in textilen Lieferketten.
Viele große Modefirmen und Textilunternehmen haben auch ihre eigenen Öko-Programme wie z.B. H&M Concscious und Zara Join Life und zeichnen damit einen Teil ihrer Kollektion aus. Das ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, betrifft aber nur einzelne Kollektionen und nicht das gesamte Sortiment. Die werden überproportional stark beworben, während der überwiegende Großteil der angebotenen Kleidung aber noch aus konventioneller Produktion stammt. Der größte Kritikpunkt an solchen Eigenmarkten: Schreibt ein Unternehmen sich die Standards selbst, sind sie oft strenger als unabhängige Gütezeichen.
Neu ist nicht immer besser
Beim Kleiderkauf ist es gut, auf eine nachhaltige Produktion zu achten. Viel umweltfreundlicher ist aber, Kleidung gar nicht erst immer neu zu kaufen. Kaputte Kleidung kann man oft ganz einfach reparieren – ein Hemd muss nicht sofort in den Müll, nur weil ein Knopf fehlt. Kleidungsstücke, die nicht mehr passen bekommen durch Upcycling ein zweites Leben. So wird eine zum Beispiel eine zu enge Hose zu einer coolen Tasche umfunktioniert.
Kleidung, die einem nicht mehr gefällt, kann gespendet oder zu einem Secondhand-Laden gebracht werden. Bei letzterem kann man dann gleich den eigenen Kleiderschrank wieder mit „neuen“ Stücken aufpeppen: Vintage ist in!
Wenn es doch mal ein neues Stück sein muss, lieber bewusst kaufen und überlegen ob es in zwei Monaten schon wieder out ist oder ob es über aktuelle Modetrends hinaus noch getragen wird. Und dabei dann auf eine ökologische und faire Produktion achten. Die Details zu den Siegeln gibt es im Greenpeace-Textil-Siegel-Guide: