Greenpeace: Totalversagen der Regierung bei Klimaschutz
Wien - Die Umweltschutzorganisation Greenpeace ortet in der heute vorgestellten Klima- und Energiestrategie ein Totalversagen der Regierung beim Klimaschutz: Für eine Dekarbonisierung Österreichs ist das Ziel, die Treibhausgase bis 2030 um 36 Prozent zu reduzieren, völlig unzureichend. Zudem genügen die in der Strategie enthaltenen Maßnahmen bei Weitem nicht, um selbst dieses Ziel zu erreichen. Auch konkrete Zuständigkeiten, verbindliche Zeitpläne und vor allem eine sichere Finanzierung fehlen zur Gänze. Um Österreich CO2-neutral zu machen, müssen bis 2030 die Treibhausgase um mindestens 55 Prozent sinken und der Energieverbrauch um ein Drittel reduziert werden, fordert Greenpeace. Zudem muss klar berechnet werden, wie viel CO2-Reduktion eine Maßnahme tatsächlich bringt und was es dem Land kostet, wenn nicht in Klimaschutz investiert wird. Dafür muss Schwarzblau noch während der Begutachtung sorgen, so die Umweltschutzorganisation.
„Die Erderhitzung bedroht unseren Planeten und macht auch vor Österreich nicht Halt: Extreme Hitzewellen, schmelzende Gletscher, katastrophale Überschwemmungen sind die Folge. Anstatt die Klimapolitik grundlegend neu auszurichten, verzichtet die Regierung auf Ziele, Zeitpläne, Maßnahmen, Zuständigkeiten und vor allem Finanzierung. Damit ist die Klimastrategie nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht“, kritisiert Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace scharf. Und weiter: “Es gibt zwar eigene Vorgaben zur CO-Reduktion bei Verkehr oder Gebäuden. Die in der Klimastrategie enthaltenen Maßnahmen genügen aber bei Weitem nicht, um die mickrigen Ziele zu erreichen. Das zeigt klar: Umweltministerin Köstinger und Verkehrsminister Hofer fehlt der politische Wille, um unser Land und unsere Kinder vor der Klimakatastrophe zu schützen.”
Konkrete nach Sektoren aufgeteilte Ziele um Treibhausgase zu reduzieren, gibt es lediglich für die Bereiche Verkehr und Gebäude. Die Summe der Maßnahmen aber führt nicht dazu, diese Ziele zu erreichen, analysiert Greenpeace. So werden allein bis 2022 rund zwei Milliarden Euro bei der Bahninfrastruktur gekürzt und keine zusätzlichen finanziellen Mittel für mehr Züge auf der Schiene bereitgestellt, um etwa das Angebot im Nahverkehr zu stärken. Bei der E-Mobilität geht Schwarzblau sogar hinter das Ziel der Vorgängerregierung zurück: Statt darauf zu setzen, dass ab 2030 ausschließlich abgasfreie Autos zugelassen werden, ist in der aktuellen Strategie nur mehr von einer „Schwerpunktverschiebung“ die Rede. Anstatt klar mehr Lkw auf die Schiene zu bringen, will Schwarzblau den Güterverkehr lediglich “effizienter“ machen und seine “Wettbewerbsfähigkeit” ausbauen. Bei der thermischen Sanierung von Gebäuden hat sich Schwarzblau von einer jährlichen Sanierungsrate von drei Prozent verabschiedet, die notwendig wäre um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Das Sanierungsziel ist nun auf zwei Prozent abgesenkt. Zudem legt die Regierung keine einzige neue Maßnahme wie etwa steuerliche Erleichterungen vor, kürzt aber die bestehenden Förderungen.
Kernstück der Klimastrategie muss eine öko-soziale Ausrichtung von Steuern und Abgaben sein, so Greenpeace. Die im Jahr 2020 von der Bundesregierung geplante große Steuerreform ist jedoch in der Klimastrategie mit keinem Wort erwähnt. Im Gegenteil: Umweltschädliche Förderungen wie die steuerliche Begünstigung von Heizöl, Diesel und Kerosin werden nicht abgeschafft, sondern nur “evaluiert”. Obwohl diese bekanntlich laut Wirtschaftsförderungsinstitut bis zu 4,7 Milliarden Euro im Jahr ausmachen. „Die Klimastrategie trägt klar die Handschrift von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung, deren Lobbyisten wichtige Reformen blockieren. Es ist eine Zumutung, dass die Regierung die Profite weniger Konzerne über die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher stellt“, kritisiert Greenpeace.
Zudem stellt Schwarzblau keine zusätzlichen Mittel für die Klimastrategie bereit. Stattdessen werden in den kommenden fünf Jahren beim Budget für Umwelt, Klima und Energie insgesamt rund 300 Millionen Euro gekürzt. Damit fehlen dringend notwendige Gelder um die in der Klimastrategie vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen, etwa Gebäude zu sanieren, öffentliche Verkehrsmittel auszubauen oder von Ölheizungen auf erneuerbare Energien umzustellen. Durch die fehlenden Investitionen können für Österreich gewaltige Folgekosten entstehen. Laut einer Studie des Klimafonds verursacht der Klimawandel in Österreich bis 2050 Schäden in der Höhe von bis zu 8,8 Milliarden Euro im Jahr. “Wenn die Regierung heute nicht in Klimaschutz investiert, muss ganz Österreich morgen die Rechnung dafür zahlen. Schwarzblau muss zur Vernunft kommen und bis Ende der Begutachtung die Klimastrategie reparieren”, fordert Pawloff.
Die umfangreiche Greenpeace-Analyse zur Klima- und Energiestrategie finden Sie unter: https://bit.ly/2Eg3s1x