Neue Gentechnik: Weltweit erstes Open-Source-Nachweisverfahren entwickelt
Greenpeace und die ARGE Gentechnik-frei veröffentlichen heute gemeinsam mit weiteren Organisationen, Gentechnik-frei-Verbänden sowie der Handelskette SPAR die weltweit erste Open- Source-Nachweismethode für eine Pflanze, deren Erbgut mit einem Verfahren der „neuen“ Gentechnik verändert wurde.
Die Methode dient dem Nachweis einer gentechnisch veränderten Rapssorte, die mittels Genome Editing hergestellt wurde. Sie widerlegt die Behauptungen der Gentechnik-Industrie und einiger europäischer Behörden, dass mittels „neuer“ Gentechnikverfahren hergestellte Nutzpflanzen zumeist nicht von natürlich gezüchteten unterschieden und daher nicht nach geltendem EU-Gentechnikrecht reguliert werden können. Greenpeace und die ARGE Gentechnik-frei fordern die österreichische Bundesregierung auf, das neue Open-Source-Nachweisverfahren unverzüglich in der Lebensmittelkontrolle einzusetzen, um eine illegale Kontamination von Importen mit neuen Gentechnik-Pflanzen zu verhindern.

Florian Faber, Geschäftsführer ARGE Gentechnik-frei
Die ARGE Gentechnik-frei wird die neue Nachweismethode in ihre eigenen Kontrollprogramme integrieren und den Einsatz für „Ohne Gentechnik“-Kontrollen auf allen Ebenen, wie etwa durch Behörden oder zur unternehmensinternen Qualitätssicherung, empfehlen.
Die neue Nachweismethode wurde heute nach einem ausführlichen Peer-Review in der Fachzeitschrift „Foods“ publiziert. Mit dieser Methode kann der Gentechnik-Raps des amerikanischen Biotechnologieunternehmens Cibus präzise nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um eine von bislang zwei mit Hilfe neuer Gentechnik hergestellten Nutzpflanzen, die in Nordamerika angebaut werden. Der Cibus-Raps hat in der Europäischen Union keine Zulassung, seine Einfuhr wäre daher illegal. Das neue Nachweisverfahren wurde von den ExpertInnen des Österreichischen Umweltbundesamtes validiert. Es erfüllt alle europäischen Kriterien für Nachweismethoden für gentechnisch veränderte Organismen und kann ab sofort eingesetzt werden.
Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte Greenpeace in Österreich
Im Juli 2018 stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar, dass auch Produkte aus den Verfahren der neuen Gentechnik unter die Bestimmungen des EU-Gentechnikrechts fallen. Der EuGH sagte, nur so könne dem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen werden, das in den EU-Verträgen verankert ist, und auf dem die EU-Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit fußen. Das Urteil verpflichtet die österreichischen und europäischen Behörden unter anderem dazu, Importe auf die Kontamination mit neuen Gentechnik-Pflanzen zu untersuchen. Dank des neuen Open-Source-Nachweisverfahrens ist das nun erstmals auch praktisch möglich.

Hintergrund zum Testverfahren
Hinter den Begriffen “neue Gentechnik” oder "Genome-Editing" verbergen sich neue gentechnische Verfahren, mittels derer neue Merkmale bei einer Pflanze herbeigeführt werden können, ohne fremdes genetisches Material (Erbgut) dauerhaft einzuschleusen. Das bekannteste Verfahren ist CRISPR-Cas. Neben den beabsichtigten Veränderungen verursacht Genome Editing allerdings auch unbeabsichtigte Veränderungen des Erbguts, die die Sicherheit der Produkte für Mensch und Umwelt beeinträchtigen können. Die langfristigen Gesundheits- und Umweltauswirkungen von Genome-Editing-Pflanzen sind noch nicht untersucht. Bislang wurden zwei mit Genome Editing hergestellte Pflanzen zur Marktreife geführt: Der SU Canola (Raps) der US-Firma Cibus und eine Sojabohne mit verändertem Ölgehalt (High Oleic Soya) der US-Firma Calyxt. Beide Produkte werden bisher ausschließlich in Nordamerika angebaut.
Das Forschungsprojekt wurde von einem Konsortium unter der Leitung von Dr. John Fagan am Health Research Institute (Iowa, USA) durchgeführt. Es wurde von der Greenpeace EU Unit, Greenpeace Deutschland und dem Sustainability Council of New Zealand, sowie von den „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnungsorganisationen ARGE Gentechnik-frei (Österreich) und VLOG e.V. (Deutschland), dem Non-GMO-Projekt (USA), der Organic and Natural Health Association (USA), dem Verband für biologische Lebensmittel und Landwirtschaft IFOAM Organics Europe und Österreichs führendem Lebensmitteleinzelhändler SPAR finanziert.
Mit der neuen Methode wird eine herbizid-tolerante Rapssorte nachgewiesen, die mit Hilfe eines Verfahrens der sogenannten „neuen“ Gentechnik entwickelt wurde. Der Nachweis ermöglicht es den EU-Mitgliedsstaaten, entsprechende Kontrollen durchzuführen und so zu verhindern, dass die in der EU nicht zugelassene Nutzpflanze illegal in die Lebens- und Futtermittelketten der EU gelangt. Bislang gab es für EU-Staaten keine Untersuchungsmethode, um landwirtschaftliche Importe auf das Vorhandensein dieser gentechnisch veränderten Rapssorte zu prüfen, die aktuell in Teilen der USA und Kanadas angebaut wird. Auch haben bisher die Gentechnik-Industrie und einige europäische Behörden den Standpunkt vertreten, dass mit Hilfe neuer Gentechnik hergestellte Pflanzen häufig nicht detektierbar und somit auch nicht nach geltendem EU-Gentechnikrecht regulierbar wären. Das neue Nachweisverfahren zeigt, dass diese Behauptungen unsachlich und überzogen sind.
Mehr Informationen zum neu entwickelten Testverfahren finden Sie auch auf der Webseite http://www.detect-gmo.org/ (verfügbar ab Montag, 7. September 2020, 09:00 Uhr)