Tatort Taiga
Tausendmal schneller als in den vergangenen 65 Millionen Jahren geht weltweit das Artensterben voran – vorangetrieben durch die Menschen. Sie wandeln natürliche Lebensräume um oder zerstören sie. Sinnbildlich dafür stehen Kahlschläge in Gebieten wie dem Dvinsky-Urwald südöstlich von Archangelsk in Russland, einem der letzten Urwälder Europas. Ein neuer Greenpeace-Report zeigt, welche Firmen von der Zerstörung profitieren.
Durch die industrielle Rodung mit schweren Maschinen, sogenannten Harvestern, wird im Dvinsky-Urwald natürlicher Lebensraum brutal zerstört. Verschiedenste Arten haben sich über lange Zeit hier eingerichtet, unter anderem Braunbären, Uhus und Vielfraße. Zurück bleiben zerfurchte, aufgerissene Waldböden. Die Tiere, die fliehen konnten, werden weiter in noch intakte, aber ebenfalls bedrohte Gebiete gedrängt. Alle, die nicht schnell genug waren, werden von den Maschinen überrollt, verletzt oder getötet.
Moratorium missachtet
Seit 2001 fordert Greenpeace den Schutz des Dvinsky-Urwaldgebietes in der Arkhangelsk-Region. Der Prozess, bei dem die lokale Regierung, Firmen und Nichtregierungsorganisationen einen Schutzgebietsvorschlag ausgearbeitet haben, wurde vor mehr als zehn Jahren durch eine Greenpeace-Kampagne in Gang gesetzt.
Das vorgeschlagene Gebiet in den Dvinsky-Urwäldern, in dem Rodungen nicht länger erlaubt sein sollten, wurde von den regionalen Firmen allerdings großflächig missachtet. Stattdessen schlugen sie eine Schneise, die das 489.000 Hektar große zusammenhängende Gebiet nahezu zweiteilt.
Eigentlich will die Staatengemeinschaft solchen Auswüchsen einen Riegel vorschieben: 2010 verständigten sich die Länder der Welt unter der UN-Konvention zum Erhalt der biologischen Vielfalt (CBD) auf die sogenannten Aichi-Biodiversitätsziele. Darin verpflichten sich mehr als 190 Länder, den Artenschwund bis 2020 durch mehrere Maßnahmen zu bekämpfen. So sollen zum Beispiel 17 Prozent der Fläche jedes Landes für die Artenvielfalt unter Schutz gestellt werden. Zudem planen die Länder, den nationalen Urwaldverlust jeweils um die Hälfte zu reduzieren. Doch Russland hat bisher nur 3,2 Prozent seiner Landesfläche zum Umwelt- und Artenschutz ausgewiesen. Und der Schutz weiterer Urwälder gestaltet sich schwierig.
Wirtschaftliche Macht nutzen
Die Firmen, die in der Ausbeutung des Dvinsky-Urwalds verwickelt sind, liefern Holz und Papierprodukte nach Europa. Der aktuelle Greenpeace-Report deckt die Handels- und Besitzbeziehungen hinter der Urwaldzerstörung auf. Zudem zeigt er: Mehrere russische Unternehmen wollen ihre Operationen in der Region ausweiten, obwohl seit 2000 schon 300.000 Hektar des Urwaldes gerodet wurden.
Greenpeace appelliert an alle beteiligten Firmen, Verantwortung zu übernehmen. Die Holzeinschlagsunternehmen müssen das bisherige Moratoriumsgebiet zum Schutz des Dvinsky-Urwalds unterstützen, Transparenz über ihre Einschlagspläne garantieren, und sie dürfen intakte Urwaldgebiete nicht weiter zerstören. Wenn die Lieferanten aus der Arkhangelsk-Region nicht mitziehen, sollten die Abnehmer ihren wirtschaftlichen Einfluss geltend machen: Indem sie sich andere Partner suchen, die ihre Verantwortung ernst nehmen. Denn das stößt vielleicht auch bei den russischen Unternehmen endlich ein Umdenken an.
Helfen auch Sie uns, die Wälder des Nordens zu schützen!
Hier geht es zum Greenpeace-Report in englischer Sprache und hier zur deutschen Zusammenfassung.