Die Parteien zur Nationalratswahl im Öko-Check
Die verheerenden Unwetter der letzten Tage haben weite Teile Österreichs heimgesucht. Landstriche wurden durch Starkregen und Hochwasser zerstört, viele Menschen stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. Das wichtigste ist jetzt, dass zuerst den betroffenen Personen in dieser schwierigen Situation schnell und unbürokratisch geholfen wird.
Aber eines ist auch klar: Für die kommende Regierung müssen Umwelt- und Klimaschutz eine zentrale Rolle spielen. Denn einerseits steigt die Chance für weitere Unwetterkatastrophen aufgrund der Klimakrise enorm. Andererseits sind Renaturierungen von Flüssen und Entsiegelung von Flächen der richtige Weg um die Heftigkeit von Unwettern abzuschwächen.
Die Parteien im Öko-Check
Wir haben 15 zentrale, umweltpolitische Forderungen an die österreichischen Parteien gesendet und um Stellungnahmen gebeten. Anhand dieser Forderungen haben wir sowohl die Wahlprogramme als auch die jeweiligen Stellungnahmen der Parteien analysiert.
Die FPÖ spricht sich gegen eine CO2-Steuer und sogar für die Erhöhung fossiler Subventionen aus (z. B. die Erhöhung der Pendlerpauschale). Die ÖVP gibt sich extrem zurückhaltend und erwähnt weder einen CO2-Preis noch klimaschädliche Subventionen im Wahlprogramm. Durch ihre kürzliche Zusage im Rahmen des nationalen Klima- und Energieplans klimaschädliche Subventionen zu kürzen, lässt sich ein vages Commitment erkennen. Offen bleibt, welche Subventionen gekürzt werden sollen. Die SPÖ fordert eine Reform der CO2-Steuer hinsichtlich ihrer sozialen Treffsicherheit, spricht aber nur die Kürzung einzelner Subventionen an. NEOS stehen voll hinter dem CO2-Preis und dem Ende von fossilen Subventionen, ein Modell zur Erhöhung der sozialen Treffsicherheit des Klimabonus lässt sich nicht konkret herauslesen. Die KPÖ zeigt sich kritisch gegenüber der CO2-Steuer, auf die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen wird im Wahlprogramm und ihrer Stellungnahme nicht eingegangen. BIER spricht sich, ohne Details zu nennen, für eine CO2-Steuer und die Abschaffung fossiler Subventionen aus. Die Grünen sprechen sich ebenso für die Abschaffung bzw. Ökologisierung von fossilen Subventionen aus und möchten den Klimabonus zuerst evaluieren und danach nur gegebenenfalls anpassen.
Während die FPÖ auf bestehende Instrumente pocht (z. B. Begutachtungsverfahren bei Gesetzen), bringen beinahe alle anderen Parteien die Idee in unterschiedlichen Formen unter. Die KPÖ stimmt dem Konzept auf Nachfrage zu, die Grünen plädieren für die Erweiterung der Wirkungsfolgenabschätzung von Gesetzen um eine Treibhausgaskomponente und/oder Auswirkung auf Kohlenstoffspeicherung und NEOS wollen die Wirkungsfolgenabschätzung um den Faktor Generationengerechtigkeit ergänzen und setzen auf einen Rechnungshof. BIER sieht eine Prüfung von Gesetzen in einem neu errichteten Zukunftsministerium vor, während die SPÖ für einen Klima- und Biodiversitäts-Check plädiert. Bei der ÖVP lässt sich ein sozial-ökologischer Gesetzes-Check weder im Wahlprogramm finden noch antwortet sie auf Nachfrage zum Thema.
Bei der Verkehrswende sprachen sich zwar alle Parteien für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel aus, gleichzeitig beißen sich die Parteien FPÖ und ÖVP am klimaschädlichen Verbrennungsmotor fest.
Lobend hervorheben lässt sich hingegen der umfangreiche Ideenkatalog für klimafreundliche Mobilität der Grünen, das konsequente Eintreten gegen klimaschädliche Subventionen von NEOS, sowie das geforderte Privatjet-Verbot der SPÖ. BIER setzt auf Lösungen für die letzte Meile (der letzte Verkehrsweg bis zur Hausweg), während die KPÖ auf die Leistbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln pocht.
Grüne schlagen weitreichende Maßnahmen vor, inklusive eines gesetzlich abgesicherten Umstellungsplan für fossile Heizungen. Ebenso tritt die SPÖ für ein verpflichtendes Ende von fossilen Heizungen ein und legt einen Fokus auf öffentliche Gebäude. Die ÖVP pocht auf Sanierung, macht aber keine Angaben zu fossilen Heizungen. Die FPÖ spricht sich gegen den verpflichtenden Tausch von fossilen Heizungen und Sanierungen aus. Die KPÖ stimmt der Wichtigkeit von ökologischem Wohnen zu und pocht auf öffentliche Finanzierung mit Hilfe von Vermögenssteuern. BIER plädiert für soziale Verträglichkeit, ohne konkrete Konzepte zu liefern. NEOS plädieren vor allem auf die richtigen Marktanreize.
In Sachen Naturschutz sind die vorgeschlagenen Maßnahmen der Parteien vielfältig, aber meistens nicht detailliert. Anders bei den Grünen und der SPÖ: Sie erwähnen neben der Unterstützung des Renaturierungsgesetzes weitere explizite Maßnahmen, wie z. B. ausreichende finanzielle Mittel für den Naturschutz und die Schaffung von Lebensraumkorridoren, damit Arten wandern können. Die FPÖ und ÖVP fokussieren sich auf den Schutz der Kulturlandschaften (also z. B. Almen, Weiden oder landwirtschaftliche Flächen) sowie die Sicherung der Ernährung. Die ÖVP betont zudem die Relevanz von Bildung im Bereich Umwelt- und Klimaschutz. Keine Einigkeit besteht bei wichtigen EU-Gesetzen, wie dem Waldschutz-, Renaturierungs- und Lieferkettengesetz.
Während NEOS, Grüne, BIER und KPÖ das Renaturierungsgesetz befürworten, stehen die NEOS dem Lieferkettengesetz kritisch gegenüber und erwähnen das Waldschutzgesetz nicht. Die ÖVP möchte EU-Regulierungen wie z. B. das Lieferkettengesetz “überprüfen”. Die FPÖ möchte das Renaturierungsgesetz sogar aktiv bekämpfen..
Beim Thema Bodenschutz unterscheiden sich die Ambitionen der Parteien erheblich: Negativ fallen hier die ÖVP und FPÖ auf. So will die ÖVP den Neubau durch eine Streichung von Steuern und Nebengebühren fördern, während die FPÖ eine Abgabe auf spekulativ leerstehenden Wohnraum als “verdeckte Vermögenssteuer” kategorisch ablehnt. Auch die BIER-Partei und NEOS bieten wenige Maßnahmen zur Eindämmung der grassierenden Verbauung unserer Natur- und Landwirtschaftsflächen. Ambitionierter zeigen sich hingegen SPÖ und KPÖ, die in den Wahlprogrammen mitunter auf die Mobilisierung von leerstehendem Wohnraum und Flächenrecycling setzen. Alle Greenpeace-Forderungen für effektiven Bodenschutz erfüllen jedoch nur die Grünen.
Während mehrere Parteien die Greenpeace-Forderungen voll unterstützen, finden sich nur bei SPÖ und Grünen dazu auch konkrete Maßnahmen in den Wahlprogrammen. Bei der BIER-Partei und der KPÖ ist dagegen in den Wahlprogrammen oder anderen öffentlichen Stellungnahmen wenig zum Thema Wasser zu finden. NEOS sind auch für ein transparentes, zentrales Wasser-Melderegister und Maßnahmen für den dicht besiedelten Raum, werten das Risiko regionaler Wasserknappheiten aber scheinbar gering. Die ÖVP plant vorausschauende Maßnahmen gegen ein höheres Risiko lokaler Dürren. Ein transparentes Zentrales Melderegister und ökologische Gesichtspunkte werden nicht erwähnt. Bei der FPÖ findet sich weder im Wahlprogramm noch bei der Stellungnahme gegenüber Greenpeace eine Übereinstimmung mit den Greenpeace-Forderungen.
NEOS schlagen umfassende Maßnahmen im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung und für Kreislaufwirtschaft vor, während sich die SPÖ auf Kreislaufwirtschaft und Reparatur im Wahlprogramm fokussiert. Im ÖVP-Wahlprogramm wird lediglich das Mindesthaltbarkeitsdatum als möglicher Hebel gegen die Lebensmittelverschwendung hervorgehoben (lässt sich aber nur auf EU-Ebene, nicht nationalstaatlich regulieren), die FPÖ blendet Kreislaufwirtschaft komplett aus und thematisiert lediglich Müllimporte bzw. -exporte. Die KPÖ betont ein Verbot von Lebensmittelverschwendung im Wahlprogramm und BIER plädiert auf eine verpflichtende Lebensmittelspende an Sozialmärkte, bevor diese weggeworfen werden. Mit Abstand am meisten Ideen und Vorhaben listen die Grünen auf - von einem Vernichtungsverbot für Neuwaren bis hin zur Plastiksteuer.
Am ausführlichsten behandeln die Grünen diesen Punkt: Von einer hundertprozentigen Bio-Quote in öffentlichen Einrichtungen, über steuerliche Maßnahmen, für eine "gesunde, ökologische Ernährung" bis hin zu einer höheren Bio-Förderung und einem deutlichen Ausbau der Bio-Produktion. Ähnlich positiv ist auch die KPÖ bei diesem Thema zu bewerten, die mitunter einen Preisdeckel für Grundnahrungsmittel wie Brot, Milch oder Kartoffenl mit der Stärkung einer “nachhaltigen Landwirtschaft” kombiniert. Auch im Wahlprogramm der SPÖ finden sich einige vorbildliche Punkte in derselben Richtung, lediglich die Mehrwertsteuerbefreiung von pflanzlichen Grundnahrungsmitteln vermisst man in den Ausführungen der SPÖ. Die NEOS teilen zwar das Ziel, den Bio-Anteil auf 40 Prozent bis 2030 zu steigern, nennen jedoch keinerlei konkrete Maßnahmen dazu und lehnen eine Mehrwertsteuerbefreiung pflanzlicher Grundnahrungsmittel ab.
Die Programme und Stellungnahmen der BIER-Partei, FPÖ und selbst der ÖVP lassen in dieser Kategorie zu wünschen übrig: Die BIER-Partei verweist darauf, man werde erst eine Position dazu “mit Expertinnen und Experten” ausarbeiten. Die ÖVP spricht sich zwar dafür aus, dass die Bio-Landwirtschaft “gestärkt” werden soll, nennt aber weder quantitative Zielwerte noch Maßnahmen, um dies zu erreichen. Schlusslicht bildet die FPÖ, die keine einzige Lösung oder Maßnahme anbietet, um die heimische Bio-Landwirtschaft zu stärken.
Alle Parteien, bis auf die ÖVP, positionieren sich gegen Greenwashing. So gibt es auch von BIER, Grünen, KPÖ und SPÖ Unterstützung für eine EU-weite Regelung gegen Greenwashing. Die ÖVP äußert sich gar nicht zu dem Thema.
Keine Partei kann dem Vorschlag eines Bundesministeriums für die sozial-ökologische Transformation der Arbeit und Wirtschaft wirklich etwas abgewinnen. Die SPÖ fordert stattdessen einen Klima-Transformationsfonds, BIER ein Zukunftsministerium. NEOS streichen die Rolle der richtigen Budgetplanung hervor und KPÖ das Vorhandensein von Mehrheiten für sozio-ökologischen Themen. Die Grünen plädieren für richtige Programme und Initiativen, z. B. aktive Arbeitsmarktpolitik. FPÖ gibt schwammige Antworten, ÖVP reagiert auf Nachfrage nicht.
Für die Einbindung von Bürger:innen sprechen sich einige Parteien aus, darunter Grüne, SPÖ, NEOS, KPÖ und BIER. Die Einbindung von Expert:innen wollen Grüne, BIER und NEOS stärken. Die FPÖ spricht sich für mehr direkte Demokratie aus (z. B. Volksbefragungen), greift aber nicht die Forderungen nach Expert:innen- und Bürger:innenräten und deren Einbindung auf. ÖVP reagiert auf Nachfrage nicht, Expert:innen- und Bürger:innenräten werden in ihrem Wahlprogramm nicht erwähnt.
Die FPÖ lässt kein Konzept zu diesem Thema erkennen und setzt stattdessen auf Kritik am Green Deal. Die ÖVP setzt auf qualifizierte Fachkräfte für "Green Jobs", bleibt aber einfallslos, wie diese gefördert werden. NEOS plädieren für gute Arbeitsbedingungen bei Green-Techologiejobs, SPÖ widmet sich dem Thema auf mehreren Ebenen, z. B. über einen Klima-Transformationsfonds oder eine Arbeitsplatzgarantie. KPÖ setzt auf eine Ausbildungsoffensive in nachhaltigen Technologien und gute Arbeitsbedingungen. BIER stimmt zwar auf Greenpeace-Nachfrage der Forderung nach einer sozio-ökologischen Jobgarantie zu, bleibt konkrete Konzepte oder Schwerpunkte aber schuldig. Die Grünen setzen auf Aus- und Weiterbildung für Green Jobs, sowie die Einbindung der Belegschaft beim Transformationsprozess.
Dem Konzept, mehr Wohlstandsindikatoren zu Rate zu ziehen, können mehrere Parteien etwas abgewinnen. KPÖ und BIER stimmen zu. Die Grünen sprechen sich für weitere Wohlstandsfaktoren aus, ebenso die SPÖ. NEOS geben sich zurückhaltend bei weiteren Wohlstandsindikatoren und wollen den Fokus mehr auf faktenbasierte Politik legen. ÖVP lässt die Nachfrage unbeantwortet, FPÖ bezieht keine klare Position zu Wohlstandsindikatoren.
- Atomkraft
Grüne, BIER, NEOS, SPÖ sprechen sich klar dagegen aus. KPÖ spricht sich dagegen aus, ÖVP und FPÖ gehen auf das Thema nicht ein. - Verbrenner-Aus
FPÖ, ÖVP halten am Verbrenner fest, SPÖ und BIER bleiben einen Kommentar zum Thema schuldig. Grüne, NEOS und KPÖ verpflichten sich zum Verbrenner-Aus. - Ausstieg aus fossilen Energien
Grüne, KPÖ, BIER, NEOS, SPÖ und ÖVP sprechen sich - wenn auch teils wenig konkret und in unterschiedlicher Intensität - für einen Ausstieg aus fossilen Energien aus. Einzig FPÖ spricht sich für die Beibehaltung fossiler Energien als Teil des Gesamtpakets aus. - Carbon Capture & Storage (CCS) / Kohlenstoffspeicherung
Stark auf CCS setzen ÖVP, FPÖ und NEOS. Grüne, BIER, KPÖ, SPÖ geben sich zurückhaltender. Ausgeschlossen wird es von keiner Partei.
Nationalratswahl am 29. September 2024 - Ihre Stimme zählt!
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