Wehret den Angriffen auf demokratische Rechte!
In Österreich und anderen EU-Ländern sowie außerhalb der Union erleben wir aktuell eine stückweise Aushöhlung demokratischer Grundrechte. Diese autoritären Entwicklungen müssen gestoppt werden. Denn sonst bleiben Mensch und Umwelt auf der Strecke.
Als Greenpeace setzen wir uns für eine Gesellschaft ein, in der die Bedürfnisse der Menschen und der Umwelt mehr zählen als der Profit weniger Großkonzerne. Wenn es darum geht, so rasch wie möglich so viel Profit wie möglich einzufahren, bleiben Umweltschutzstandards oder Arbeitnehmerrechte gezwungenermaßen auf der Strecke. Wenn wir die Geschicke der Menschheit denjenigen überlassen, die Profite scheffeln, kommen die Lebensbedingungen unserer Gesellschaft weiter unter die Räder. Nur eine demokratische Gesellschaft, in der die Menschen ihre Rechte einfordern, kann eine ökologisch nachhaltige Welt garantieren. Viele umweltpolitische Verbesserungen wurden durch demokratische Kämpfe ermöglicht.
Ob es um fahrlässige Abfallentsorgung, die Vernichtung der Tropenwälder, die Ausweitung des Ozonlochs, die Überfischung unserer Meere, die Auswirkungen der Kernkraft oder die Verschmutzung von Gewässer, Böden oder der Vegetation geht – gegen all diese Übel haben wir in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Verbesserungen durchgesetzt. Eine starke Zivilgesellschaft, die anhand der zur Verfügung stehenden demokratischen Mittel Druck auf Regierungen und Konzerne ausübt, ist von zentraler Bedeutung für unser Ziel einer nachhaltigen Welt. Diese demokratischen Mittel müssen wir schützen – denn aktuell sind sie in Gefahr.
Heute erleben wir autoritäre Tendenzen in Europa und der gesamten Welt. Scheibchenweise werden demokratische Rechte demontiert. In Ungarn und Polen gibt es seit Jahren Angriffe auf die Pressefreiheit und die Justiz. In Spanien wurde das Versammlungs- und Demonstrationsrecht mit hohen Geld- und Haftstrafen stranguliert und in Frankreich gilt seit 2015 ein Ausnahmezustand, der etwa Hausdurchsuchungen ohne richterliche Genehmigung und Demonstrationsverbote für Gewerkschaften zur Realität gemacht hat. In Russland, der Türkei und den USA setzen die Regierungen unter Putin, Erdogan und Trump auf einen zunehmend autoritären Führungsstil unter Gefährdung demokratischer Grundrechte.
Doch auch in Österreich beginnt eine stückweise Zurückdrängung demokratischer Freiheiten – mit einer ganzen Reihe an bedenklichen Initiativen der Bundesregierung: Mit der Strafgesetznovelle sollen nicht näher definierte „staatsfeindliche Bewegungen und Aktivitäten“ mit hohen Strafen von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Wer sich „auf gesetzwidrige Weise“ der Vollziehung von Gesetzen entgegenstellt, etwa durch einen Protest gegen ein Kraftwerk, könnte so ins Gefängnis wandern. Die Besetzung der Hainburger Au im Jahr 1984, ein historischer umweltpolitischer Erfolg, würde so künftig mit hohen Strafen verfolgt werden. Die schwammige Formulierung dieses „Gummiparagraphen“ öffnet einer möglichen missbräuchlichen Verwendung Tür und Tor. Zudem plant die Regierung eine Verlängerung der Anzeigefrist für Kundgebungen und Versammlungen, wodurch eine zeitnahe Reaktion auf tagespolitische Geschehnisse erschwert wird. Spontanversammlungen sollen zwar weiter möglich sein, sind jedoch leicht auflösbar und mit vielen Einschränkungen versehen. Versammlungen von Drittstaatsangehörigen, auch hier erlaubt die ungenaue Formulierung jederlei Interpretationsmöglichkeit, sollen zurückgedrängt werden. Sind nicht näher definierte „internationale Gepflogenheiten“ oder die „außenpolitischen Interessen“ Österreichs gefährdet, können Versammlungen untersagt werden. Dies könnte beispielsweise Proteste gegen die Arktis-Bohrungen ausländischer Ölkonzerne oder gegen die Folterung von AktivistInnen in Saudi-Arabien unmöglich machen, wenn der Gesetzgeber wirtschaftliche Interessen gefährdet sieht. Diese stückweise Aushöhlung von Grundrechten wie die Versammlungsfreiheit reiht sich ein in jüngste Maßnahmen der Regierung, etwa das polizeiliche Staatsschutzgesetz oder das Überwachungspaket, die umfangreiche Möglichkeiten einer verdachtsunabhängigen Überwachung schaffen. Da Innenminister Sobotka diese Pläne immer noch nicht weit genug gehen, sind weiter Verschärfungen nicht auszuschließen.
Als Greenpeace lehnen wir jegliche Aushöhlung von Menschen- und Grundrechten ab. Die Versammlungsfreiheit ist – neben dem Recht auf freie Meinungsäußerung und der Pressefreiheit – einer der Eckpfeiler einer gesunden Demokratie und darf nicht leichtfertig eingeschränkt werden. Noch dazu durch Gummiparagraphen, die keine Rechtssicherheit schaffen und daher leicht missbraucht werden könnten.
Unsere Mission für eine bessere Welt ist noch lange nicht zu Ende. Lassen wir uns die demokratischen Möglichkeiten dazu nicht nehmen!
Die Greenpeace-Stellungnahme zur Änderung des Versammlungsrechts finden Sie hier