Entwaldungsverordnung EUDR: Greenpeace und Fern korrigieren Falschinformationen
Forstwirt bestätigt Nutzerfreundlichkeit des EUDR-Online-Systems – Organisationen warnen vor Aushöhlung der EUDR durch Einführung einer “Nullrisiko”-Kategorie

Wien / Brüssel - Die Umweltorganisation Greenpeace und die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Fern warnen vor der Aushöhlung des EU-Waldschutzgesetzes (EUDR) und fordern eine konsequente und vollständige Umsetzung. Seit die EUDR 2023 beschlossen wurde, wird sie immer wieder von EVP und rechten Parteien angegriffen, mit dem Ziel, sie zu verhindern. So wird sie u.a. als “Bürokratiemonster” bezeichnet. Forstwirt Carl Sondermann hat das EUDR-Online-System für die Organisationen getestet und kommt zu dem Ergebnis: “Nicht schwerer als online einen Urlaub zu buchen!” Bereits in der kommenden Plenarsitzung im Juli ist mit dem nächsten Vorstoß zu rechnen. So wird über die Einführung einer sogenannten “Nullrisiko”-Kategorie abgestimmt. Greenpeace und Fern kritisieren, dass damit die teils erheblichen Waldprobleme in der EU (wie z.B. Walddegradierung, Ausbreitung von Kahlflächen, illegale Abholzungen) verleugnet und illegale Holzimporte befeuert würden.
Die EUDR soll sicherstellen, dass beispielsweise nur mehr Holzprodukte aus verantwortungsvollen Lieferketten in der EU gehandelt werden – die also weder Umweltzerstörung noch Menschenrechtsverletzungen verursacht haben. Je risikoreicher ein Land eingestuft wird, desto mehr Kontrollen sollen stattfinden. Mit der Einführung einer “Null-Risiko”-Kategorie würden Produkte aus Ländern, wie z.B. Österreich, automatisch als risikoarm eingestuft werden - und dementsprechend nicht nach der EUDR kontrolliert werden.
Ursula Bittner von Greenpeace betont: „Allein im Jahr 2024 wurden laut Global Forest Watch weltweit 6,7 Millionen Hektar Tropenwälder zerstört – eine Fläche so groß wie Panama. Die Europäische Union ist einer der größten Treiber der weltweiten Entwaldung. Auch wenn die derzeitige Risikoeinstufung in der EUDR die wahren Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen nicht korrekt abbilden, ist es ein wichtiger erster Schritt, um das Gesetz auf den Boden zu bringen. Klar ist: Unternehmen und Betriebe müssen - egal wie oft sie kontrolliert werden - der Sorgfaltspflicht nachkommen und garantieren, dass ihre Produkte frei von Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen sind. Das österreichische Landwirtschaftsministerium und die Abgeordneten der EVP im EU-Parlament versuchen hingegen, das zu untergraben. Dabei sind Wälder unsere Lebensversicherung gegen die eskalierende Klima- und Artenkrise – sie zu schützen heißt letztlich, uns selbst zu schützen.”
Die Einführung einer „Null-Risiko-Kategorie“ innerhalb des Benchmarking-System für EU-Länder lehnen die Organisationen klar ab.
Matthias Schickhofer erklärt dazu: „In der EU nimmt die reale Baumüberschirmung ab und es stehen immer weniger Bäume auf den als Wald gewidmeten Flächen. In Deutschland sind seit 2018 bereits mehr als 600.000 ha Nadelholzforste abgestorben und wurden meist großflächig geräumt. Auch in Österreich kollabieren Nadelholzbestände auf großer Fläche und es entstehen Kahlflächen, etwa im Waldviertel und in Osttirol. In Ländern wie Schweden und Finnland sind riesige Kahlschläge omnipräsent. Naturwälder werden verstärkt durch Monokulturen ersetzt, auch in EU-Schutzgebieten. In Ländern wie Rumänien gibt es illegale Abholzungen. Angesichts dieser Fakten kann nicht von einem ‚Nullrisiko‘ für die Wälder in der EU gesprochen werden. Eine “Nullrisiko”-Generalausnahme würde die EUDR aushöhlen und außerdem - mangels Kontrollen - illegale Holzimporte befeuern.”
Der Forstwirt Carl Sondermann (Ökodorf Sieben Linden, Deutschland) hat das EU-Online-System “Traces” in der Praxis getestet. Sondermann berichtet: “Pro Holzverkauf muss eine Sorgfaltserklärung für die verkaufte Holzmenge mit einer gesammelten Herkunftsangabe angegeben werden. Diese Sorgfaltserklärungen sind ohne großen Aufwand machbar. Ein Herkunftsnachweis mit GPS-Koordinaten für jeden einzelnen Baumstamm ist nicht erforderlich. Wir verkaufen etwa 3-5 mal / Jahr Holz. Die Nutzerfreundlichkeit des Systems und die deutsche Übersetzung sind zwar noch verbesserungsbedürftig, das System ist aber sicher kein ‘Bürokratiemonster’, das Forstbetriebe in ihrer Existenz bedroht. Besondere Unterstützung für Kleinwaldbesitzende für die digitale Erfassung ihrer Bestände wäre aber nützlich.”
Die EUDR will als weltweit erstes Gesetz, sowohl die „Entwaldung“ (Umwandlung von Wald in landwirtschaftliche Flächen) als auch „Walddegradierung“ (etwa Ersatz von Naturwäldern durch Monokulturen) und illegale Abholzungen bekämpfen. Die Verordnung wurde 2023 mit sehr großer Mehrheit im EU-Parlament beschlossen, wird aber seither immer wieder angegriffen, besonders von EU-Ländern mit einflussreicher Holzindustrie wie Österreich oder Schweden.
“Die EU-Waldschutzverordnung ist ein entscheidendes Instrument, um der eskalierenden Klima- und Waldkrise endlich wirksam entgegen zu treten. Wir fordern Österreich, die EU-Mitgliedstaaten und ihre Abgeordneten daher sehr eindringlich auf, sich konstruktiv dafür einzusetzen, die EUDR in ihrer jetzigen Form konsequent umzusetzen“, betonen Bittner und Schickhofer abschließend.
Faktencheck & weiterführende Informationen zum EUDR:
http://bit.ly/3GkX7Im
Video zur Test des EUDR-Online Systems: https://vimeo.com/1097473729?share=copy