Greenpeace zu EU-Mercosur: Unter schwedischer Ratspräsidentschaft soll Österreichs Veto ausgehebelt werden
Folgen des Handelsabkommens verheerend für Österreichs Landwirt:innen und den Amazonas - Nehammer und Kogler müssen Angriff auf Umwelt und Bauernschaft abwehren

Wien – Mit dem heutigen Start der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft könnte schon bald das umstrittene Handelsabkommen EU-Mercosur durchgesetzt werden, warnt Greenpeace. Schweden hat das Thema im sechsmonatigen Programm seines Ratsvorsitzes bereits auf die Agenda gesetzt - die EU-Kommission und weitere Mitgliedsstaaten unterstützen den Vorstoß. Mit einem Verfahrenstrick, dem sogenannten Splitting, soll das Veto Österreichs ausgehebelt und so das Abkommen doch noch beschlossen werden. Für die heimischen Bäuerinnen und Bauern, als auch für die Umwelt sind die Gefahren enorm: Ein erhöhter Preisdruck durch Billigstprodukte und die weitere Abholzung des Amazonas wären etwa die Folge. Greenpeace fordert von der österreichischen Regierungsspitze - Kanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler - sich dem erneuten Vorstoß für EU-Mercosur auf europäischer Ebene mit aller Kraft entgegenzustellen.
“Der Handelspakt EU-Mercosur soll mit allen Mitteln durchgepeitscht werden. Jetzt wollen die EU-Kommission und Länder wie Schweden und Spanien mit einem hinterhältigen Verfahrenstrick den Widerstand Österreichs und einiger weiterer EU-Staaten aushebeln. Das ist demokratiepolitisch ein Skandal”, warnt Adam Pawloff, Programmdirektor bei Greenpeace in Österreich. Um den Handelspakt gegen den Willen Österreichs durchzubringen, soll jetzt EU-Mercosur auf zwei Teile aufgestückelt werden. Denn während das Abkommen - bleibt es in seiner Gesamtheit bestehen - von allen EU-Mitgliedsstaaten einstimmig angenommen werden muss, ist das beim Splitting nicht der Fall. Hierbei würden Teile taktisch so aus dem Abkommen herausgelöst, dass ein Beschluss bereits mit qualifizierter Mehrheit möglich ist. So könnte beschlossen werden, dass zusätzliche Agrarprodukte, wie Fleisch und Zucker in die EU und nach Österreich geliefert werden, während zum Beispiel das Thema Menschenrechte noch ausgeklammert bleibt. “Das Abstimmungsverfahren soll taktisch so abgeändert werden, dass das gewünschte Ergebnis herauskommt. Es ist, als würde beim Fußball eine Mannschaft in der Halbzeitpause mal schnell das Regelbuch umschreiben, weil man das Spiel sonst nicht mehr gewinnt. Dieses Vorgehen ist ganz einfach höchst undemokratisch, verwerflich und ein gefährlicher Präzedenzfall”, kritisiert Pawloff.
Durch das Abkommen würden tonnenweise Billigst-Lebensmittel wie etwa Fleisch auf dem heimischen Markt landen und unsere Bäuerinnen und Bauern unter Druck bringen. Auch der Amazonas wäre massiv gefährdet. “Die österreichische Bundesregierung rund um Karl Nehammer und Werner Kogler muss dem perfiden Versuch, EU-Mercosur gegen den Widerstand Österreichs durchzuboxen, jetzt eine klare Absage erteilen”, fordert Pawloff.
Hintergrund: Der Handelspakt zwischen der EU und dem Mercosur (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay) wäre das größte Handelsabkommen, dass die EU je abgeschlossen hat, mit einem Gebiet, das rund 700 Millionen Einwohner:innen umfasst. Die europäische Industrie erhofft sich dadurch einen höheren Absatz, etwa von Autos und Chemikalien in Südamerika, während die südamerikanische Agrarindustrie mehr Billigst-Lebensmittel nach Europa verkaufen möchte, etwa Fleisch oder Zucker. Seit 2019 liegt eine prinzipielle Einigung zwischen der EU und den Mercosur-Ländern vor. Seither wurde der Pakt aber aufgrund seiner negativen Auswirkungen für Klima, Artenvielfalt und die europäische Landwirtschaft nicht abgeschlossen. 2023 steht EU-Mercosur aber nun wieder auf der europäischen Agenda.
Bildmaterial finden Sie unter https://act.gp/3PFNgNG
Dieses steht unter Angabe der Fotocredits zur einmaligen Nutzung kostenlos zur Verfügung