Gemeinnützigkeitsreform: Ehemaliger ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath fordert Reparatur des Gesetzes
Ikrath unterstützt Greenpeace-Appell, Angriff von ÖVP, Grünen und FPÖ auf Zivilgesellschaft zu stoppen
Wien - Der frühere ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath fordert eine dringende Reparatur des Gemeinnützigkeitsreformgesetzes vor dessen Beschluss im Nationalrat diesen Donnerstag. Damit schließt er sich der Forderung führender Sozial- und Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, Volkshilfe, Attac, Fridays for Future und VGT an, die seit Wochen vor einem Angriff auf kritische Vereine und Organisationen durch die steuerliche Hintertür warnen. Finanzbeamt:innen können mit dem Gesetz, wie es derzeit vorliegt, künftig kritischen Vereinen und Organisationen ohne aufschiebende Wirkung die Spendenabsetzbarkeit entziehen und sie so wirtschaftlich massiv unter Druck setzen. Ausreichen würden dafür bereits Verwaltungsübertretungen.
Michael Ikrath, ehemaliger Justizsprecher der ÖVP und Mit-Initiator des Rechtsstaat- und Anti-Korruptionsvolksbegehrens, mahnt: “In einem Rechtsstaat darf keinerlei Platz für Angriffe auf demokratische Grundrechte durch die Hintertür sein. Mit diesem Gesetz wird ein Instrument geschaffen, um politisch nicht opportunes zivilgesellschaftliches Engagement unterdrücken zu können. Es kann nicht sein, dass Vereine und Organisationen in Zukunft bei jeder Protestaktion überlegen müssen, ob diese ihre Existenz kosten könnte. Eine lebendige Demokratie muss Protest aushalten, auch wenn er manchmal unbequem ist.”
Wie zuvor schon die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Irmgard Griss und Verfassungs- und Verwaltungsjurist Heinz Mayer fordert Ikrath eine Abänderung des Gesetzes rechtzeitig vor der Abstimmung im Nationalrat. Mayer hatte das Gesetz als verfassungswidrig kritisiert, woraufhin Finanzminister Magnus Brunner eine entsprechende Prüfung zugesagt hatte. Dennoch wurde das Gemeinnützigkeitsreformgesetz am 5. Dezember im Finanzausschuss ohne Abänderung beschlossen. Der Beschluss erfolgte mit den Stimmen der ÖVP, der Grünen und der FPÖ, und gegen die Stimmen von SPÖ und NEOS. Diese Konstellation sei wohl einzigartig, meint Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit, und warnt: “Die FPÖ hat nicht plötzlich ihr Herz für den gemeinnützigen Sektor entdeckt. Sie hat zugestimmt, weil aus ihrer Sicht mit dem Paket endlich ihrer Forderung nach repressiven gesetzlichen Maßnahmen gegen aktivistische Organisationen nachgegeben wurde. Wenn das Gesetz so kommt, wäre es ein großer Schritt in Richtung Orbánisierung Österreichs.”
Das Fact Sheet zum Gemeinnützigkeitsreformgesetz finden Sie hier: https://bit.ly/3RiPEw7
Das von Greenpeace in Auftrag gegebene Rechtsgutachten finden Sie hier: https://bit.ly/47Wu7yE