Greenpeace-Öko-Check: Schlechtes Zwischenzeugnis für Bundesregierung
Wien – Greenpeace unterzieht die Bundesregierung seit ihrer Angelobung 100 Tage lang einem Öko-Check. Zur Halbzeit, nach 50 Tagen, gibt es nun eine Zwischenbilanz. Im Sinne des Umweltschutzes sei bisher so gut wie nichts vorangegangen, so die Analyse der Umweltschutzorganisation. Im Gegenteil: Einige der angekündigten Schritte seien sogar umweltschädlich. Problematisch seien vor allem unökologische Maßnahmen in der Verkehrspolitik, aber auch in anderen Bereichen wie etwa bei Landwirtschaft oder Klimaschutz falle das Zwischenzeugnis schlecht aus.
Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster: „Zuerst die Tempo-140-Ankündigung von Verkehrsminister Hofer, dann das Ende für Schadstofftests direkt am Auspuff, außerdem der geplante Autobahn-Neubau: Bei der Verkehrspolitik hat diese Regierung offensichtlich den Rückwärtsgang eingelegt. Luftverschmutzung ist eine ernst zu nehmende Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Der Verkehrsminister ignoriert diese Tatsache anscheinend bewusst.“ Gegen Österreich läuft derzeit sogar ein EU-Vertragsverletzungsverfahren, weil die Stickstoffdioxid-Grenzwerte in der Atemluft nicht eingehalten werden. Grund dafür ist laut EU-Kommission vor allem der hohe Marktanteil von Diesel-PKW durch die steuerliche Bevorzugung von Dieseltreibstoff. „Dass Umweltministerin Köstinger dennoch am alten Dieselprivileg festhalten will, ist unverantwortlich“, so Schuster.
Weiters kritisiert die Umweltschutzorganisation das Vorhaben der Regierung, das sogenannte „Golden Plating“ abzuschaffen, also keine über die EU-Vorgaben hinausgehende Vorschriften zu erlassen bzw. existierende Gesetze aufzuheben. „Wenn in Österreich Umweltschutz-, Konsumentenschutz- und Gesundheitsvorgaben künftig nur mehr den EU-Mindestvorgaben genügen, dann wäre dies ein massiver umweltpolitischer Rückschritt“, erklärt der Greenpeace-Sprecher.
Enttäuschend fällt das Öko-Check-Zwischenergebnis auch im Bereich Landwirtschaft aus. Schuster: „Ministerin Köstinger hat bisher noch keinerlei Schritte unternommen, um eine ökologische Agrarwende einzuleiten. Unsere bäuerlichen Familienbetriebe brauchen Unterstützung, um auf nachhaltige Weise gesunde Lebensmittel erzeugen zu können. Und vom angekündigten Glyphosat-Verbot hört man zur Zeit gar nichts mehr.“ Generell seien den vielen schönen Überschriften im Regierungsprogramm noch keine Maßnahmen gefolgt, kritisiert Schuster.
Seit Antreten der Regierung wurde genau eine einzige Forderung von Greenpeace erfüllt: Die Bundesregierung hat sich nach langem Drängen dazu entschieden, gegen die Genehmigung des ungarischen AKWs Paks durch die EU-Kommission zu klagen. „Die Klage ist ein notwendiger Schritt. Für eine tatsächlich nachhaltige Klima- und Energiepolitik braucht es aber weit mehr als das“, sagt Schuster und betont: „Will Österreich nicht zum absoluten Klimaschutz-Schlusslicht in Europa werden, müssen als erstes die Ausgaben für Klima- und Umweltschutz deutlich erhöht werden.“ Unter Köstingers Vorgänger Andrä Rupprechter seien diese zum Teil empfindlich zurückgegangen. Hier brauche es eine Trendwende. „Ministerin Köstinger muss bei den kommenden Budget-Verhandlungen für ein deutliches Plus bei den Mitteln für Umwelt- und Klimaschutz sorgen“, fordert Schuster. Auch in den anderen umweltrelevanten Bereichen wie beim Verkehr oder in der Landwirtschaft sei es für die Bundesregierung noch nicht zu spät, sich zu besinnen und einen Kurs im Sinne der Umwelt einzuschlagen. „Nach 100 Tagen Amtszeit, also in rund sieben Wochen, präsentieren wir eine ausführliche Öko-Analyse der bisherigen Regierungsarbeit“, kündigt Schuster an. „Diesen verbleibenden Zeitraum muss die Regierung nutzen. Der Schutz unserer Umwelt darf kein lästiges Nebenthema sein – er gehört ganz oben auf die Agenda!“