Greenpeace Report deckt auf: Industrie-Lobby sabotiert neues EU-Gesetz für globalen Waldschutz
Unternehmen wie Nestlé, Unilever oder auch Milka-Mutter Mondelez blockieren trotz gegenteiliger Behauptungen Umweltschutz auf EU-Ebene - Greenpeace fordert kompromisslos starkes Waldschutzgesetz von EU-Kommission.
Ein neuer Greenpeace-Report zeigt auf, wie Unternehmen mithilfe zahlreicher Agenturen und Anwälten hinter den Kulissen aggressives Lobbying gegen das geplante EU-Gesetz für globalen Waldschutz betreiben, obwohl sie es öffentlich unterstützen. Die EU-Kommission erarbeitet aktuell einen Gesetzesentwurf, der verhindern soll, dass weiterhin Produkte auf den europäischen Markt kommen, für die weltweit Ökosysteme wie Regenwälder, Savannen oder Torfböden zerstört werden. Eigentlich sollte der Entwurf im Sommer vorgelegt werden, doch die EU hat angekündigt, dass der Prozess auf unbekannte Zeit verschoben wird - ob sich der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission aufgrund des Drucks von Konzernen verzögert, bleibt offen. Greenpeace fordert, dass die EU-Kommission dem Gegenwind standhält und ein starkes und sanktionierbares Gesetz zum globalen Waldschutz vorlegt.
„Lobbying ist ein altbekanntes Geschäft, doch in diesem Fall ist es besonders perfide: Die Konzerne geben in der Öffentlichkeit vor, dass sie globalen Waldschutz unterstützen, während sie gleichzeitig hinter den Kulissen gegen ein Waldschutzgesetz ankämpfen. Viele Unternehmen, die von der Zerstörung profitieren, verstecken sich dabei hinter ihren Branchenverbänden und lassen sie die schmutzige Lobbyarbeit machen. Mit einem Bollwerk aus Agenturen und Anwälten, gezielten Beschwerden und Beharren auf undurchsichtigen und ineffizienten Greenwashing-Maßnahmen blockieren diese Verbände systematisch den Gesetzgebungsprozess”, berichtet Lukas Meus, Waldexperte bei Greenpeace Österreich.
Greenpeace hat die öffentlichen Stellungnahmen sowie Berichte aus Medien und Sozialen Netzwerken von 86 Konzernen und Industrieverbänden analysiert. Die größten Unternehmen und Lobbygruppen aus den betroffenen Sektoren wie Palmöl, Holz, Kautschuk, Soja und Fleisch versuchen, ein starkes Gesetz zu verhindern und Schlupflöcher für ihre eigenen Produkte zu schaffen. Darunter sind unter anderem FoodDrinkEurope oder die Confederation of European Paper Industries, die Branchenvertretungen bekannter Unternehmen wie Mondi, Nestlé, Mondelez oder Unilever. In der EU sind 25.000 Lobbyisten aktiv, die rein wirtschaftliche Interessen vertreten - zum Vergleich: Insgesamt sitzen im EU-Parlament 705 Abgeordnete - pro Abgeordnetem gibt es also rund 35 Industrie-LobbyistInnen der unterschiedlichsten Branchen, die Druck auf die EntscheidungsträgerInnen ausüben.
Alle zwei Sekunden wird weltweit eine Waldfläche von der Größe eines Fußballfeldes zerstört. Die Landwirtschaft ist für 80 Prozent dieser Entwaldung verantwortlich. Die EU trägt dabei als einer der größten Wirtschaftsräume der Welt eine große Verantwortung. “Die EU ist für zehn Prozent der weltweiten Entwaldung und der damit verbundenen Emissionen verantwortlich und der zweitgrößte Importeur von Produkten aus tropischer Regenwaldzerstörung. Der Schutz der Wälder und anderer Ökosysteme ist im Kampf gegen die Klimakrise unerlässlich. Zudem schützen uns intakte Wälder vor neuen Krankheiten und sichern das Leben und die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula van der Leyen muss sich jetzt dafür einsetzen, dass dieses wichtige Gesetz nicht länger verzögert und verwässert wird. Die EU muss endlich Teil der Lösung werden, anstatt sich weiter an der Zerstörung unseres Planeten mitschuldig zu machen”, fordert Meus. Mit dem geplanten Gesetz sollen Unternehmen verpflichtend nachweisen, dass ihre Lieferketten frei von der Zerstörung von Wäldern oder anderen Ökosystemen – wie Savannen, Grasland, Torfland – sind und keine Menschenrechtsverletzungen passieren. Auch Finanzinstitute sollen nachweisen müssen, dass ihre Investitionen nicht mit der Zerstörung von Wäldern und Ökosystemen oder Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen.
„Die Zeit der Ausreden ist lange vorbei - Konsumentinnen und Konsumenten wollen endlich sicher sein, dass sie keine Produkte aus Regenwaldzerstörung kaufen. Jeder Industriezweig muss jetzt Verantwortung übernehmen und dafür braucht es sanktionierbare Gesetze. Die freiwilligen Vereinbarungen und Zertifizierungssysteme der Konzerne haben versagt. Sanftes Anstupsen, Überzeugungsarbeit und Förderungen haben die Wälder bisher nicht gerettet. Jeden Tag, den wir abwarten, werden Rückzugsräume für einzigartige Tiere und Pflanzen für immer zerstört und die Klimakrise befeuert. Der Schutz der Wälder ist nicht nur eine Frage von Moral oder dem Schutz seltener Tierarten, sondern der Schutz unserer eigenen Lebensgrundlage”, so Meus.
SERVICE:
- Der gesamte Report (auf Englisch): https://bit.ly/GP-Report_EU-Waldschutz
- Bildmaterial: https://bit.ly/Waldzerstörung-Fotos