Greenpeace zu Abfallwirtschaftsgesetz: Entwurf nachschärfen, sonst droht teure und umweltschädliche Plastikkrise
Umweltschutzorganisation fordert Fokus auf Abfallvermeidung und kritisiert klimafeindliche Querschüsse von WKO und Handel
Anlässlich der am 9. Juni auslaufenden Begutachtungsfrist des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) fordert die Umweltschutzorganisation Greenpeace, dass die Regierung das Gesetz nachbessert, ohne radikalen Kurswechsel in Richtung Kreislaufwirtschaft “drohe ein Umweltkollaps”. Der Entwurf für eine Novelle des AWG weist aus Sicht der Umweltschutzorganisation deutliche Schwachstellen auf, kritisiert Greenpeace in der öffentlichen Stellungnahme. Um das Hauptziel Abfallvermeidung zu erreichen, müssen die Mehrwegquoten für Supermärkte deutlich angehoben werden und schon im Jahr 2022 schlagend werden. Zudem sollen Mehrwegverpackungen auch im Onlinehandel, bei Lieferdiensten und Take-away verpflichtend sein, fordert die Umweltschutzorganisation. Das EU-Kreislaufwirtschaftspaket wird im aktuellen Entwurf nur teilweise umgesetzt. Die Blockadehaltung von WKO und Handelsverband kritisiert Greenpeace scharf.
„Eine ambitionierte Kreislaufwirtschaft ist der einzige Weg, wie wir die Müllberge in den Griff bekommen. Der vorliegende Gesetzesentwurf ist in der Hinsicht komplett unzureichend: Abfälle müssen gezielt vermieden werden - mit hohen Mehrwegquoten, Abgaben für umweltschädliche Einwegverpackungen sowie Vorgaben für langlebige, reparaturfähige Produkte. Die Politik hat hier unter massivem Druck der Wirtschaftslobby über Jahrzehnte viel zu wenig getan, jetzt hat die Umweltministerin die Chance aufzuholen“, so Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace Österreich. Die Müllmenge durch Plastik-Einwegflaschen hat sich in den letzten 20 Jahren von 21.000 Tonnen auf 49.000 Tonnen mehr als verdoppelt. ARA und WKO versprechen seit über 20 Jahren, dass sie die Sammel- und Recyclingquoten für Kunststoffe mit freiwilligen Maßnahmen erhöhen und den Mehrweganteil steigern. In der Realität ist der Mehrweganteil von 80 Prozent auf unter 20 Prozent gesunken, auch heute werden in Österreich nur 25 Prozent der Kunststoffe recycelt und die Sammelquote für Plastikflaschen ist laut ARA-Zahlen sogar gesunken - von 76 Prozent im Jahr 2001 auf 70 Prozent aktuell.
„Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist desaströs: Österreich produziert heute deutlich mehr Plastikeinwegmüll und recycelt gleichzeitig weniger als früher. Trotzdem macht die Industrielobby weiter gegen sinnvolle Maßnahmen wie Pfand und Mehrweg mobil. Angesichts der Klimakrise ist die Position von WKO und Handelsverband unzumutbar und realitätsfremd”, stellt Panhuber fest. Greenpeace fordert zudem härtere Sanktionen beim Verstoß gegen das Abfallrecht. „Ein Gesetz ohne Sanktionen ist zahnlos, Placebo-Strafen reichen nicht aus. Alle wichtigen Umwelterfolge - wie zum Beispiel das Verbot von FCKWs - wurden nur durch verpflichtende Gesetze möglich, damit für alle die gleichen Rahmenbedingungen gelten. Ein starkes Abfallwirtschaftsgesetz bedeutet weniger Müll, weniger gefährliche Chemikalien, weniger CO2-Emissionen und mehr Sicherheit für Umwelt, Tiere und Menschen. Wenn sich die ÖVP gegen diese Maßnahmen stellt, macht sie Politik auf Kosten von Bevölkerung, Natur und Klima”, so Panhuber.
Im internationalen Vergleich hinkt Österreich vielen Ländern hinterher. Eine Studie von reloop zeigte kürzlich auf, dass bereits rund 300 Millionen Menschen weltweit Zugang zu einem funktionierenden Pfandsystem haben. In 14 Ländern ist die Implementierung innerhalb der nächsten drei Jahre vorgesehen - darunter Singapur, Neuseeland oder England. In Deutschland wird das Abfallwirtschaftsgesetz im Juli verschärft - zukünftig sind fast alle Getränkeflaschen bepfandet und Mehrwegverpackungen müssen auch im To-Go Bereich angeboten werden. Im Handel liegt die Mehrwegquote in Deutschland bei über 40 Prozent. Um die EU-Vorgaben zu erfüllen, muss auch in Österreich ein Pfandsystem für Getränkeflaschen gesetzlich verankert werden. Ebenso muss das AWG klare Maßnahmen enthalten, wie die Recyclingquote bei Plastikverpackungen bis 2025 verdoppelt werden soll. „Österreich muss jetzt einen radikalen Kurswechsel schaffen, sonst rasen wir ungebremst in den Umweltkollaps. Ein Nachschärfen beim Abfallwirtschaftsgesetz ist dringend nötig”, fordert Panhuber. Konkrete Maßnahmen hat Greenpeace in einer Stellungnahme zum AWG zusammengefasst.
Link zur Stellungnahme: http://bit.ly/Greenpeace-Stellungnahme-AWG