Greenpeace zu Klimastrategie: Beteiligungsprozess verletzt internationale Umweltkonvention
Wien - Der von der Regierung organisierte Konsultationsprozess zur Klima- und Energiestrategie erfüllt nicht die Mindeststandards für Beteiligungsverfahren und verletzt damit die Aarhus Konvention. Das ergibt die von Greenpeace beauftragte Analyse durch das Rechtsteam von ÖKOBÜRO. Gleich mehrere Bedingungen der internationalen Umweltkonvention, die die öffentliche Beteiligung an Entscheidungsprozessen in Umweltfragen regelt, werden nicht eingehalten: Es fehlen etwa notwendige Informationen zum Konsultationsprozess, genügend Zeit und ausreichende Möglichkeiten um Stellungnahmen abzugeben. Greenpeace fordert einen kompletten Neustart des Beteiligungsprozesses, die Offenlegung vergangener Interventionen und volle Transparenz für die anstehenden Stakeholder-Gespräche.
Thomas Alge, Umweltjurist und Geschäftsführer von ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung: „Die 2001 in Kraft getretene Aarhus Konvention regelt in Umweltfragen in Österreich und der EU den Zugang zu Informationen und Gerichten sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsprozessen. Die Konvention enthält Mindestanforderungen an Prozesse, die eine rechtlich bindende Beteiligung der Öffentlichkeit vorsehen“. Folgende fünf Punkte im Partizipationsprozess der Klima- und Energiestrategie missachten die Aarhus-Konvention: (1) Es fehlt ein rechtlicher und transparenter Rahmen für den Beteiligungsprozess. Die Öffentlichkeit wird nicht ausreichend über Sinn, Zweck und Ergebnis der Beteiligung informiert. (2) Die für die gesamte Konsultation vorgesehene Frist von fünf Wochen ist für derartige Prozesse zu kurz. (3) Die selektiven Stakeholder-Gespräche können eine volle Beteiligung der Öffentlichkeit nicht ersetzen und erfüllen damit nicht die Vorgaben der Aarhus Konvention. (4) Darüber hinaus sind die Möglichkeiten sich zu beteiligen unzureichend: Auf der entsprechenden Website ist lediglich ein simples Texteingabefeld vorgesehen, weitere Dokumente oder komplexe Analysen können nicht übermittelt werden. (5) Auch sind die vorgesehenen Zeiträume vermutlich unzureichend, um alle Beiträge und Stellungnahmen bis zur geplanten Fertigstellung der Strategie umfassend zu berücksichtigen.
“Die Regierung inszeniert hier eine Pseudo-Beteiligung. Sie gaukelt der Öffentlichkeit vor, mitbestimmen zu können und erfüllt dabei nicht einmal das Mindestmaß an rechtlichen Voraussetzungen. Es braucht umfangreiche Informationen, mehr Zeit und bessere Beteiligungsmöglichkeiten”, kritisiert Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace in Österreich. Greenpeace fordert von der Regierung, den Beteiligungsprozess neu aufzusetzen und dabei internationales Recht einzuhalten. Darüber hinaus verlangt Greenpeace volle Transparenz: So sollen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den runden Tischen bekannt gegeben, die Diskussionen live übertragen und alle Protokolle im Internet veröffentlicht werden. Zudem fordert Greenpeace, dass alle bisherigen Interventionen, etwa durch Finanzministerium, Wirtschaftskammer oder Industriellenvereinigung, offengelegt werden. “Wenn es die Regierung mit dem Beteiligungsprozess wirklich ernst meint, dann muss sie zurück an den Start. Es darf nicht sein, dass Konzernlobbys einen privilegierten Zugang bekommen und die Bevölkerung sowie Expertinnen und Experten das Nachsehen haben. Es braucht volle Transparenz statt Mauscheleien hinter verschlossenen Türen”, so Pawloff.