Greenpeace zu LK-Wahl in NÖ: Österreichische Landwirtschaft braucht Umweltkurs

Wien – Anlässlich der Landwirtschaftskammerwahl in Niederösterreich zeigt Greenpeace die fünf größten Hindernisse für eine umweltfreundliche Wende in der Landwirtschaftskammer auf. Die anstehende Wahl ist für die Ausrichtung der Landwirtschaftspolitik der nächsten Jahre entscheidend - nicht nur in Niederösterreich, sondern für ganz Österreich. Die Umweltschutzorganisation kritisiert unter anderem die fragwürdige Doppelfunktion von NÖ-Landwirtschaftskammerpräsident Johannes Schmuckenschlager, der auch Obmann der Lobby-Plattform Erneuerbare Kraftstoffe ist. Greenpeace plädiert für einen umweltfreundlichen Kurswechsel der Landwirtschaftskammer - zum Wohl der Umwelt, der Bäuerinnen und Bauern und letztendlich uns allen.
Ursula Bittner, Greenpeace-Sprecherin: „Österreichs Bäuerinnen und Bauern sind von den zunehmenden Wetterextremen – Hitze, Dürre und Überschwemmungen – direkt betroffen. Ihre Existenzgrundlage ist auf eine gesunde Umwelt und ein intaktes Klima angewiesen. Es ist höchste Zeit, dass die Landwirtschaftskammer und der Bauernbund endlich Verantwortung übernehmen und Klima- sowie Umweltschutz zur Priorität machen. Mit der aktuellen Politik bleibt die Landwirtschaftskammer jedoch rückwärtsgewandt und verhindert dringend notwendige Fortschritte.”
Niederösterreich ist das größte landwirtschaftliche Bundesland in Österreich, sowohl in Bezug auf die Fläche als auch auf die Produktivität. Wie kaum eine andere Branche sind Landwirt:innen abhängig von einer gesunden Umwelt und funktionierenden Ökosystemen. Ihre Arbeit und Ertrag sind von den durch die Klimakrise häufiger und massiver auftretenden Wetterextremen betroffen. Das gefährdet wiederum auch unsere Ernährungssicherheit. Umso unverständlicher, dass sich seit Jahren eine umwelt- und klimafeindliche Politik unter Führung des ÖVP-nahen Bauernbunds in der Landwirtschaftskammer hält.
Die fünf größten Hindernisse für eine zukunftsfähige Landwirtschaftskammer:
1. Die Struktur der österreichischischen Landwirtschaftskammer: Konzerninteressen über Bäuer:innenwohl
Die Kammern werden in jedem Bundesland im Abstand von vier oder fünf Jahren neu gewählt. Die neun Bundesländerkammern sind österreichweit gemeinsam über den Verein “Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs" (LKÖ) organisiert. Das ist ungewöhnlich, sind doch andere Kammern als Körperschaft öffentlichen Rechts organisiert um demokratische Rechte zu wahren. In der vergangenen Regierungsperiode von Schwarz-Grün hätte die LKÖ zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts überführt werden sollen, das ist allerdings nicht geschehen (wie Profil berichtet. Doch nicht nur das ist ungewöhnlich: Neben den Länderkammern ist auch der Österreichische Raiffeisenverband Teil des Vereins. Ursprünglich war die Raiffeisenbank als kleine Genossenschaft für Landwirt:innen gedacht, doch heute ist der Verband ein internationaler Konzern. Er besitzt Anteile an marktführenden Lebensmittelunternehmen, wie der Agrana oder VIVATIS AG, einen Großteil der Frischmilch-Unternehmen in Österreich und Anteile von Medienhäusern. Die LKÖ ist Hauptansprechpartnerin für österreichische Bäuer:innen und vertritt Österreichs Agrarpolitik nach außen (z.B. in EU-Verhandlungen oder bei der Umsetzung der GAP).
2. Möglicher Interessenkonflikt auf höchster Ebene
Der Präsident der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer Johannes Schmuckenschlager ist auch Obmann der Lobby-Plattform Erneuerbare Kraftstoffe. Dieser Verein hat das Ziel, die Nutzung von Agrotreibstoffen (wie z.B. Bioethanol, Biodiesel oder andere pflanzliche Kraftstoffe) voranzutreiben. Neben Schmuckenschlager sitzen auch Vertreter des ÖAMTC und der Münzer AG in diesem Vorstand. Die Verwendung von Lebensmitteln im Tank ist eine Ressourcenverschwendung, energetisch ineffizient und schadet dem Klima und der Artenvielfalt. Die Förderung von Agrotreibstoff kann zu höheren Produktionskosten für Landwirt:innen und zu höheren Lebensmittelpreisen für Konsument:innen führen. Durch die Doppelfunktion als Präsident der Landwirtschaftskammer NÖ und Obmann der Plattform Erneuerbare Kraftstoffe kann ein Interessenkonflikt entstehen.
3. Blockade bei der grünen Verkehrswende
Auch beim Verkehr mischt die Landwirtschaftskammer unter der Führung des Bauernbundes mit. Anstatt zukunftsorientierte, umweltfreundliche Alternativen zu fördern, spricht sich die LKÖ weiterhin für den Verbrennungsmotor aus und stellt sich gegen moderne und klimafreundliche Mobilitätslösungen. Hintergrund könnte die Unterstützung von Agrotreibstoffen sein - eine umstrittene Technologie. Geht es um Photovoltaik-Anlagen auf Agrarflächen, zeigt sich der niederösterreichische Landwirtschaftskammer-Präsident Schmuckenschlager verhalten, da er Agrarflächen nur für die Lebensmittelproduktion nutzen will. Gleichzeitig fördert er aber Agrotreibstoff, bei denen wertvolle Lebensmittel im Tank landen.
4. Blockade bei Natur- und Waldschutz
Erst kürzlich, im Sommer 2024, als die Renaturierungsverordnung verabschiedet wurde, stellte sich die Landwirtschaftskammer - und allen voran der Bauernbund - als einer der vehementesten Gegner dieser wichtigen Maßnahme heraus. Ganz grundsätzlich tritt die LKÖ beim Green Deal stets als Blockierer auf. So torpedierte die LKÖ die EU-Entwaldungsverordnung und damit den Schutz globaler Wälder, obwohl gesunde Wälder für das ökologische Gleichgewicht zentral und auch für die Landwirtschaft unverzichtbar sind.
5. Blockade neuer Marktmöglichkeiten
Wenn es um die pflanzliche Ernährung geht, stellt sich die LKÖ quer. Immer mehr Menschen achten auf eine bewusste ökologische Ernährung und wollen weniger tierische Produkte konsumieren. Anstatt mit Landwirt:innen gemeinsam Möglichkeiten zu entwickeln, diese neue Vielfalt zu nutzen, Rohstoffe anzubieten und neue Märkte für Landwirt:innen zu erschließen, blockiert die LKÖ diese ökologische Alternative.