MUTTER ERDE und Greenpeace: Österreichs Lebensmittelkonsum bedroht Tiere wie Sumatra-Tiger und Orang-Utan
Wien - Der österreichische Lebensmittelkonsum bedroht Tiere und Pflanzen wie etwa den Sumatra-Tiger, den Orang-Utan oder die Baumart Palo Santo. Denn um unseren Bedarf an Lebensmitteln wie Fleisch oder Schokolade zu stillen, werden große Flächen an Acker- und Weideflächen benötigt und relevante Ökosysteme vernichtet. Betroffen sind Gebiete wie die indonesischen Insel Sumatra, die brasilianische Savanne Cerrado oder der Amazonas-Regenwald. Allein für die sechs nach Österreich importierten Güter Soja, Palmöl, Kaffee, Kakao, Banane und Zucker wird eine Fläche größer als das Burgenland verbraucht. Die Vernichtung artenreicher Ökosysteme wirkt sich auch negativ auf die Klimabilanz aus: Die Treibhausgas-Emissionen für diese Importgüter sind 1,5-mal so hoch wie durch den österreichischen Flugverkehr im Jahr 2018. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) in Kooperation mit der Universität für Bodenkultur (BOKU), die heute im Rahmen des MUTTER ERDE-Schwerpunkts „Klima schützen, Arten schützen!“ von der Umweltinitiative MUTTER ERDE gemeinsam mit der österreichischen Umweltschutzorganisation Greenpeace vorgestellt wurde.
“Unsere Studie zeigt ganz klar, dass auch Österreich durch den Konsum bestimmter Rohstoffe mitverantwortlich für die Zerstörung von relevanten Ökosystemen und damit auch für die Gefährdung von Tier- und Pflanzenarten ist. Zu den wichtigsten Treibern von Tropenwaldabholzung zählt der hohe Fleischkonsum auf EU-Ebene, wie auch in Österreich. Dabei gibt es bereits in vielen Bereichen sehr schmackhafte, gesunde und ökologisch verträglichere Alternativen – wie beispielsweise Fleischalternativen aus Erbsen oder Soja, Kaffee aus Lupinen statt aus Bohnen und Carob anstelle von Kakao”, sagt Martin Schlatzer, Studienautor und Mitarbeiter am Forschungsinstitut für biologischen Landbau.
“Was auf unserem Teller in Österreich landet, zieht eine Spur der Zerstörung durch die ganze Welt: Unser Hunger auf Fleisch, Schokolade und Co. vernichtet eine Fläche Natur größer als das Burgenland. Die EU muss jetzt endlich klare Regeln wie ein globales Waldschutzgesetz schaffen, damit keine Waren mehr auf den europäischen Markt kommen, für die Konzerne Regenwald roden oder Tierarten gefährden. Nur wenn wir aufhören die Natur zu zerstören, können wir uns und unseren Planeten vor der Klimakrise, dem Artensterben und auch vor zukünftigen Pandemien schützen”, sagt Sophie Lampl, Programmdirektorin bei Greenpeace in Österreich. Aktuell verhandelt die Europäische Union ein Gesetz, das Produkte aus globaler Waldzerstörung auf dem Binnenmarkt verbieten soll. Im Juni 2021 plant die EU-Kommission, den ersten Entwurf vorzulegen.
“Während die Klimakrise seit einigen Jahren die Aufmerksamkeit bekommt, die sie braucht, sterben täglich Tiere und Pflanzen aus, ohne, dass wir diese leise Katastrophe als solche wahrnehmen. Mit dem aktuellen Schwerpunkt wollen wir auf die Zusammenhänge der beiden Schwesternkrisen hinweisen. Die vorliegende Studie öffnet uns die Augen dafür, was wir in artenreichen und sensiblen Regionen der Welt anrichten. Es ist Zeit für eine Umkehr, bevor wir Menschen selbst dieser unnachhaltigen und zerstörerischen Wirtschaftsweise zum Opfer fallen“, sagt Anita Malli, Geschäftsführerin der Umweltinitiative MUTTER ERDE.
Allein für die sechs untersuchten Produkte Soja, Kakao, Kaffee, Palmöl, Banane und Zuckerrohr wird eine Fläche von 455.600 ha benötigt – das entspricht einer Fläche größer als das Burgenland. Spitzenreiter im Flächenverbrauch ist der jährliche Import von Sojafuttermitteln nach Österreich mit 285.714 ha. Insbesondere der Appetit der Österreicher*innen auf Fleisch ist hier ein treibender Faktor – so werden Unmengen an Sojafuttermittel, oft gentechnisch verändertes Soja, jedes Jahr aus Ländern wie Brasilien und Argentinien importiert um etwa Schweine zu versorgen. Kakao und Kaffee folgen mit 99.542 ha und 53.423 ha im Flächenverbrauch. Teilweise geht die Produktion mit schweren sozialen Missständen wie Kinderarbeit einher. Auch Palmöl für Nahrungsmittel wie etwa Schokolade und Chips sind hier entscheidend: 9.459 ha Fläche wird für den österreichischen Konsum verbraucht. Rechnet man Palmöl für Agrotreibstoffe dazu, steigt der Flächenverbrauch für Palmöl-Importe sogar auf 41.265 ha. Der österreichische Import von Bananen benötigt 6.931 ha, jener für Zuckerrohr 536 ha.
Um diese Produkte anzubauen, werden auch relevante Naturräume, wie etwa Regenwälder und Savannen, zerstört. Palmöl wird etwa verstärkt in den Regenwäldern der Malaiischen Halbinsel sowie auf der Insel Borneo angebaut. Die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Tier- und Pflanzenwelt in diesen artenreichen Regionen sind hier bis zu 21-mal höher einzustufen als auf gleich großen artenreichen Flächen in Österreich. Der Sumatra-Tiger, der Asiatische Elefant und auch der Orang-Utan sind hier heimisch und durch die Palmölproduktion gefährdet. Soja wird vor allem in Brasilien und Argentinien, etwa in der brasilianischen Savanne Cerrado oder im argentinischen Chaco angebaut. In diesen Regionen ist die Artenvielfalt bis zu zehnmal höher, als in artenreichen Gegenden in Österreich. Der Große Ameisenbär, der Braune Brüllaffe sowie die Baumart Palo Santo sind bereits durch den Sojaanbau gefährdet.
Doch der österreichische Konsum treibt nicht nur das Artensterben voran, sondern auch die Klimakrise: Da diese Ökosysteme wirkungsvolle Verbündete im Kampf gegen die Erderhitzung sind, werden mit ihrer Vernichtung große Mengen an CO2 freigesetzt. Zählt man die THG-Emissionen des österreichischen Imports von Soja (3 Millionen Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr), Palmöl (451.000Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr für Palmöl als Nahrungs- und Futtermittel), Kaffee (171.000 Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr), Kakao (149.000 Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr), Banane (195.000 Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr) und Rohrzucker (11.000 Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr) zusammen, ergeben sich in Summe rund vier Millionen Tonnen CO2 Äquivalent pro Jahr. Das ist 1,5-mal höher als der gesamte österreichische Luftverkehr im Jahr 2018 mit 2,6 Millionen Tonnen CO2 Äquivalent ausgestoßen hat. Obwohl Österreich durch seine Nachfrage für diese THG-Emissionen verantwortlich ist, werden diese Emissionen nicht Österreich, sondern den Herkunftsländern zugerechnet.
Den Report “Die Auswirkungen des österreichischen Imports ausgewählter Lebensmittel auf Flächenverbrauch, Biodiversität und Treibhausgasemissionen in den Anbauregionen des globalen Südens” finden Sie unter: https://cutt.ly/VbKsT1o
Das Factsheet zum Report finden Sie unter: https://cutt.ly/TnegqaI
Bildmaterial finden Sie unter: https://cutt.ly/SnegN9r
Die Fotos stehen unter Angabe der Foto-Credits kostenlos zur Verfügung.
Die Initiative MUTTER ERDE wurde 2014 vom ORF und den führenden Umwelt- und Naturschutzorganisationen Österreichs ins Leben gerufen. Sie wird vom Verein „Umweltinitiative Wir für die Welt“ getragen, das sind der ORF, Alpenverein, BirdLife, GLOBAL 2000, Greenpeace, Naturfreunde, Naturschutzbund, VCÖ und WWF. Gemeinsames Ziel ist es, Nachhaltigkeit zum Thema zu machen, zu informieren und Spenden für Umweltschutzprojekte zu sammeln. MUTTER ERDE wird von Tchibo, Kronen Zeitung, Lidl Österreich, den ÖBB und der Wien Energie unterstützt. MUTTER ERDE dankt allen Partnern!