Nach Drohnenangriff auf AKW Tschornobyl: Greenpeace untersucht Schäden an Schutzhülle
Fünfzig Prozent des Norddachs sowie Teile des Süddachs und Seitenwände wurden durch den russischen Drohnenangriff schwer beschädigt – Schutz vor radioaktiver Strahlung nicht gesichert

Kiew/Wien – Eine Greenpeace-Sondermission hat das Kernkraftwerk Tschornobyl besucht, um den aktuellen Zustand der neuen Schutzhülle des AKWs (NSC) zu begutachten. Die Schutzhülle über dem Kernkraftwerk wurde am 14. Februar von einer russischen Drohne getroffen, die explodierte und das Dach durchschlug. Die daraus entstandenen Brände führten zu erheblichen Schäden an der Dachkonstruktion. Erst drei Wochen nach dem Angriff, am 7. März, wurden die Brände als gelöscht bestätigt – die Feuerwehr ist weiter in Alarmbereitschaft.
Jan Vande Putte, Atomexperte bei Greenpeace Ukraine: „Der vorsätzliche Angriff Russlands auf das Kernkraftwerk Tschornobyl ist möglicherweise eines der folgenschwersten Kriegsverbrechen, die gegen die Ukraine verübt wurden. Die Schadensanalyse befindet sich noch im Anfangsstadium, aber die erste Einschätzung lautet, dass die Zukunft des gesamten Projekts bestenfalls ungewiss ist. Aufgrund der hohen Strahlungswerte über dem Sarkophag ist es sehr gut möglich, dass die gesamte Schutzhülle von Tschornobyl an den Ort zurückgebracht werden muss, an dem sie gebaut wurde, um die extrem kostenaufwändige Reparatur durchführen zu können.”
Der leitende Ingenieur für die neue Schutzhülle von Tschornobyl und den ersten Sarkophag, Artem Siriy, teilte dem Greenpeace-Team am 27. Februar mit, dass 50 Prozent des Nord- und Süddachs und der Seitenwände der Schutzhülle von den Bränden betroffen seien. Auch andere wichtige Strukturen, wie zum Beispiel das Kransystem, seien stark beschädigt. Es besteht die Gefahr, dass durch das Eindringen von Schnee und Regen in die Schutzhülle Korrosion entsteht. Dadurch ist das Bauwerk nicht mehr voll funktionsfähig.
Die Schutzhülle, das sogenannte „New Safe Confinement“ (NSC), wurde in internationaler Zusammenarbeit von Europa, den USA und anderen Staaten errichtet. Das NSC ist nicht nur eine simple Hülle, es ist eine komplexe Konstruktion, die den havarierten Reaktor über 100 Jahre schützen und Radioaktivität einschließen soll. Die Konstruktion kostet mittlerweile über zwei Milliarden Euro und wird zum Teil von der EBWE finanziert. Der Vorfall in Tschornobyl, der Angriff auf die Schutzhülle des AKW und die jüngste Zunahme der militärischen Aktivitäten rund um das Kernkraftwerk Saporischschja unterstreichen die anhaltenden Risiken für die nukleare Sicherheit in der Ukraine. Bei einer Freisetzung von Radioaktivität wäre nicht nur die Ukraine betroffen, sondern möglicherweise auch weitere Länder.
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Videostory der Greenpeace-Mission Tschornobyl 2025
Fotos der Greenpeace-Mission Tschornobyl 2025
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