Weltnaturkonferenz COP15: Graue Wüste statt grüner Planet
Noch bleibt historischer Moment aus - Minister:innen müssen letzten Stunden entschlossen nutzen
Wien / Montreal - Am Sonntagnachmittag (CET) veröffentlichte die chinesische Präsidentschaft der Weltnaturkonferenz COP15 das vorläufige Abschluss-Dokument des globalen Artenschutz-Abkommens. Von Donnerstag bis Samstag verhandelten die Minister:innen im sogenannten “High Level Segment”. Hier sollten letzte Unstimmigkeiten behoben und Lösungen erarbeitet werden. Das heute vorgeschlagene Abschlussdokument ist ein ambitionsloses Abkommen, das große Lücken aufweist. Greenpeace fordert Leonore Gewessler und die EU-Minister:innen dazu auf, die letzten Stunden der Konferenz zu nutzen, um das Ruder doch noch herum zu reißen.
“Das Abkommen ist in seiner derzeitigen Form eine reine Farce und für einen erfolgreichen Kampf gegen die Artenkrise völlig ungeeignet. Die Rechte Indigener wurden nicht ausreichend anerkannt, der wirtschaftliche Nutzung von Naturschutzgebieten steht die Türe weit offen und zur Finanzierung sollen Kompensationsleistungen eingerechnet werden”, führt Ursula Bittner aus, Artenschutz-Expertin bei Greenpeace in Österreich. “Die Natur schreit um Hilfe. Wie kann es sein, dass der Wirtschaft wieder einmal mehr Gehör geschenkt wird, als dem Hilfeschrei unserer Lebensgrundlage?”, so Bittner weiter.
Während zu Beginn der Verhandlungen noch gute Punkte im Abkommen enthalten waren, wurden an den entscheidenden Stellen wichtige Zusätze nun gestrichen. So wird nicht genau definiert, wie stark der Schutz der Gebiete, die dem 30x30 Ziel zugerechnet werden (bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der Meere und Landflächen geschützt werden) ausfallen soll. Statt dass die Gebiete "stark" und “vollkommen” unter Schutz stehen, wird nun explizit die Möglichkeit einer “nachhaltigen” Nutzung der Gebiete erwähnt. Dieser Zusatz kann dazu führen, dass letztendlich sogar konventionelle Landwirtschaft oder Tiefseebergbau in Schutzgebieten möglich werden. Die Rechte und Territorien der indigenen und lokalen Bevölkerung wurden insgesamt zwar anerkannt, aber es fehlt ein Passus, der sicherstellt, dass sie aktiv und rechtzeitig eingebunden werden, wenn es um die Einrichtung neuer Schutzgebiete geht.
Wie der Schutz der Biodiversität finanziert werden soll, war einer der größten Streitpunkte. Dabei ging es sowohl um die Höhe als auch um die Einrichtung eines eigenen Biodiversitätsfonds. Der derzeitige Entwurf sieht vor, dass neben öffentlichen Mitteln auch Kompensationszahlungen, sogenannte Offsets, als mögliche Finanzierungsquelle herangezogen werden können. “Das öffnet Tür und Tor für einen modernen Ablasshandel. Ausgleichszahlungen sind jedoch nicht mehr als Greenwashing-Aktionen und lenken von echten Lösungen ab”, sagt Bittner abschließend. Derzeit geht es in weitere Verhandlungen und es bleibt abzuwarten, wie stark das Abkommen schlussendlich wird.