Landwirtschaft & Lebensmittel
Die Landwirtschaft leidet stark unter den Dürren, Überschwemmungen und anderen Folgen der Klimakrise. Gleichzeitig verursacht sie diese aber selbst mit. Langsam sägt sie an ihrem eigenen Ast.
Verantwortlich dafür ist die zunehmende Industrialisierung und Intensivierung der Landwirtschaft in Richtung einer Landwirtschaft, die von Monokulturen und Massentierhaltung geprägt ist. Entscheidungen müssen in diesem System nach wirtschaftlicher Effizienz gefällt werden, ungeachtet der Auswirkungen auf Klima und Umwelt.
Erhalten werden diese Monokulturen unter anderem durch massiven Einsatz von Pestiziden. Diese töten unerwünschte Pflanzen und Tiere ab. Aber nicht nur sogenannte „Schädlinge” fallen den Chemikalien zum Opfer. Auch extrem nützliche Tiere wie Bienen und andere Blütenbesucher werden häufig vergiftet – jene unverzichtbaren Helferchen also, deren Leben sowieso schon durch Klimakrise und Bodenversiegelung erschwert wird. Und das, obwohl viele Teile der Landwirtschaft von der Bestäubung durch Bienen und Co. abhängig sind.
Gehen wir von den Feldern in die Ställe, sehen wir Massentierhaltung, die nichts mit artgerechter Behandlung zu tun hat. Tiere werden auf engstem Raum zusammengepfercht und gemästet, bis sie groß genug zum Schlachten sind. Neben den Verletzungen des Tierwohls ist die Fleischindustrie auch eine der größten Belastungen für Umwelt und Klima, unter anderem, weil für den Anbau der Futtermittel große Flächen Wald gerodet werden.
Um klima- und umweltfreundlich zu leben, müssen wir die Fleischproduktion einschränken. Aber auch alle anderen Sektoren der Landwirtschaft müssen angepasst werden. Wir fordern die Politik auf, Rahmenbedingungen für einen umfassenden Wandel der Landwirtschaft zu setzen.
Umweltfreundliches Wirtschaften sollte stark gefördert werden. Gleichzeitig brauchen wir bessere gesetzliche Standards. So kann eine langfristig umweltverträgliche Landwirtschaft funktionieren.
Das Problem mit der Fleischindustrie
Wenn es um Umwelt- und Klimaschutz geht, denken viele an den Verzicht von Flugreisen oder den Umstieg auf erneuerbare Energien. Weniger Aufmerksamkeit in diesem Kontext bekommt die Fleisch- und Milchindustrie. Dabei ist Tierhaltung weltweit für 19 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Das liegt vor allem am Anbau der Futtermittel. Für diese werden häufig artenreiche Wälder gerodet und etwa durch Sojaplantagen ersetzt. Würden wir auf den vorhandenen Flächen Lebens- statt Futtermittel anbauen, müssten keine Wälder zerstört werden.
Österreich produziert Unmengen an Fleisch: 109 % der Menge, die in Österreich verbraucht wird und dreimal so viel, wie maximal gesund wäre. 63 Kilogramm Fleisch isst jeder Mensch in Österreich jährlich pro Kopf. Diese Menge müssen wir deutlich reduzieren, um Klima und Umwelt weniger zu belasten. Gleichzeitig wären wir auch gesünder. Außerdem bleibt dann auch mehr Platz für artgerechte Haltung. Denn Fleisch in so hohen Mengen lässt sich nur durch Massentierhaltung produzieren.
Massentierhaltung
Die moderne Fleischindustrie ist alles andere als tierfreundlich. Das ist wohl kein großes Geheimnis. Mehr als 90 Prozent der Schweine in Österreich leben auf viel zu wenig Platz, zumeist auf Vollspaltenböden ohne Stroh und Auslauf. Hinzu kommen schmerzhafte Eingriffe, wie das Schwanzkupieren und die Kastration ohne Betäubung.
Es gibt Unmengen an Gütesiegeln, die bessere Bedingungen versprechen. Leider steht hinter vielen dieser Siegel nichts als leere Werbeversprechen.
Wie können wir Massentierhaltung beenden?
Eine vegetarische oder vegane Ernährung hilft dabei, diese Ziele zu erreichen. Die Verantwortung darf aber nicht allein bei den KonsumentInnen liegen. Letztendlich sind Politik und Industrie gefragt, eine strukturelle Veränderung voranzubringen. Fleischkonzerne tragen immens zur Umweltzerstörung bei. Natürlich sind sie wirtschaftlichen Zwängen unterlegen. Von sich aus werden sie wenig unternehmen, um nachhaltiger und damit teurer zu produzieren. Wir fordern daher die Politik auf, die Fleischindustrie stärker zu regulieren, die Massentierhaltung zu beenden und Betriebe zu unterstützen, auf bessere Haltungsbedingungen umzusteigen.
Pestizide, Herbizide und Antibiotika – die Chemikalien der Landwirtschaft
Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft nimmt auch der Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide und Herbizide zu. Umstrittene Pflanzengifte wie Glyphosat stehen mit gesundheitlichen Schäden bis hin zu Krebserkrankungen in Verbindung. Trotzdem werden sie auch in Österreich vielerorts eingesetzt. Nach EU-Recht ist Glyphosat weiterhin zugelassen.
Im Vergleich sind in der EU aber schon recht viele Pestizide verboten. Durch Importe aus aller Welt landen trotzdem Lebensmittel in Europa, die mit Pestiziden behandelt wurden, welche bei uns aus gutem Grund verboten sind. Allein in Brasilien werden 149 Pestizide eingesetzt, die bei uns verboten sind. Wir brauchen eine Agrarwende, hin zu einer regionalen, pestizidfreien Landwirtschaft!
Die Blütenbesucher sterben aus!
Besonders schädigend sind die Pflanzengifte auch für wichtige Blütenbesucher wie Wildbienen und andere, die eigentlich nicht Ziel des Pestizideinsatzes sind. Dabei machen die kleinen Tiere große Teile der Landwirtschaft überhaupt erst möglich. Ein Drittel unserer Lebensmittel, darunter Äpfel und Erdbeeren, ist von ihrer Bestäubung abhängig. Sterben unsere kleinen Helfer aus, werden auch wir Probleme mit der Lebensmittelversorgung bekommen.
Greenpeace setzt sich daher für ein Verbot der Bienenkiller ein. Wir müssen das Insektensterben so schnell wie möglich stoppen! Dazu braucht es eine bienenfreundliche Landwirtschaft. Wir fordern die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf, keine bienenschädlichen Pestizide mehr zuzulassen!
Wer heute schon auf die Bienen Acht geben möchte, kann bevorzugt Produkte aus biologischem Anbau kaufen, der auf bienentötende Pestizide verzichtet.
Antibiotika – wie wir neue Keime züchten
In industriellen Viehbetrieben werden tausende Tiere auf engstem Raum zusammengepfercht, ein perfekter Nährboden für Keime und Bakterien. Auch machen die schlechten Haltungsbedingungen die Tiere häufig krank, dementsprechend werden auch viele Antibiotika eingesetzt.
Doch je mehr Antibiotika eingesetzt werden, desto schneller können Bakterien Resistenz gegen die Medikamente aufbauen. Die Fleischindustrie züchtet so neben Schweinen und Rindern auch multiresistente Bakterien heran, denen Antibiotika nichts mehr abkönnen. Krankheiten, die im letzten Jahrhundert harmlos geworden sind, können dann nicht mehr behandelt werden.
2022 untersuchte Greenpeace 24 Proben handelsübliches Fleisch aus österreichischen Supermärkten auf Krankheitserreger, die gegen Antibiotika resistent sind. Das alarmierende Ergebnis: Mehr als jedes dritte Stück Fleisch war mit diesen bedrohlichen Bakterien belastet, die auch für uns Menschen gefährlich sind.
Durch übertriebene Medikation bei Menschen und dem extremen Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung steuern wir auf eine breite Antibiotikaresistenz zu. Dadurch drohen akute Probleme in der Gesundheitsversorgung. Wir müssen die verwendete Menge an Antibiotika drastisch reduzieren, damit die Medikamente dort wirksam sind, wo wir sie wirklich brauchen.
Wie kann eine nachhaltigere Landwirtschaft aussehen?
Die landwirtschaftlichen Betriebe sind wirtschaftlichen Zwängen unterworfen. Für sie heißt es Wachsen oder Weichen. So werden regionale Bauern aus dem Markt gedrängt und es entwickeln sich große Industriebetriebe. Deren riesige Felder sind oft Monokulturen, die die natürliche Vielfalt der regionalen Pflanzen- und Tierwelt zerstören. In industriellen Agrarflächen verläuft das Artensterben sogar noch schneller als in Wäldern und Meeren.
Befördert wird diese Entwicklung auch durch die Agrarpolitik der EU. Das Agrarfördersystem (GAP) bevorzugt große Industriebetriebe. Sie bekommen die höchsten Förderungen. Sinnvoller wäre es, gezielt umweltfreundliche Betriebe zu unterstützen.
Ökologische Landwirtschaft
Eine umweltfreundliche Landwirtschaft kann sogar positive Auswirkungen auf die Umwelt haben. Sie kann Treibhausgase binden und Lebensraum für Insekten und andere kleine Arten bieten. Ökologische Landwirtschaft verzichtet auf den Einsatz von schädlichen Pestiziden. Das ist ein erster Schritt weg von industriellen Monokulturen. In Österreich werden vergleichsweise viele Flächen nach biologischen Standards bewirtschaftet. Eine Studie der BOKU Wien zeigte 2018, dass theoretisch sogar eine hundertprozentige Versorgung Österreichs mit heimischen, biologisch hergestellten Lebensmitteln möglich ist.
Handelspolitik
Alle Verbesserungen in Österreich und der EU helfen aber nur bedingt, wenn der Markt weiterhin von billigen Importen aus der ganzen Welt überflutet wird. Importe von der anderen Seite der Erdkugel sind oftmals billiger als die Produktion in Österreich, denn in vielen Ländern ist Arbeit durch schlechtere ArbeitnehmerInnenrechte billiger.
Massenimporte aus diesen Ländern sind auch aus mehreren Umweltgründen untragbar. Zum einen verschärfen sie ökologische Krisen in den Herkunftsländern. In Brasilien werden täglich riesige Flächen wertvoller Wälder zerstört, auch für den Anbau von Futtermittel für europäische Tiere.
Zudem haben viele Länder schwächere Regulierung für Pestizide und Medikamente. Durch Importe landen so Lebensmittel bei uns, die mit diesen Stoffen belastet sind. Greenpeace untersuchte 2020 stichprobenartig brasilianische Obst aus österreichischen Supermärkten. In der Hälfte der Proben wurden Pestizide festgestellt, die bei uns nicht eingesetzt werden dürfen.
Freihandelsabkommen wie EU-Mercosur würden diese Importe weiter ankurbeln. Greenpeace steht daher entschlossen gegen diese Abkommen ein. Die Zukunft liegt im regionalem ökologischen Anbau, nicht in umweltzerstörerischen Massenimporten.
Österreich könnte sich theoretisch selbst versorgen. Tatsächlich decken wir aber nur 58 Prozent unseres Gemüse- und 46 Prozent unseres Obstbedarfs selbst.
Klar ist, es braucht eine umfassende und konsequente Agrarwende. Die Politik muss umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft subventionieren, statt riesige Industriebetriebe zu fördern. Gleichzeitig können aber auch die KonsumentInnen ihren Teil zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beitragen. Sie können selbst auf einen verantwortungsvollen Fleisch- und Milchkonsum achten und ökologisch produzierte Produkte kaufen. Für eine Landwirtschaft, die für Tier, Natur und Mensch Verantwortung trägt.